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Great Ocean Road und Grampians: Darf die Route tatsächlich auf keinem Australien-Trip fehlen?

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Sie gehört zu den absoluten Top-Sehenswürdigkeiten und «Must-Sees» in Australien. Egal welchen Artikel ich lese, die Great Ocean Road wird unisono als eine der schönsten Küstenstraßen der Welt bezeichnet. Der ultimative Roadtrip führt von Torquay nach Allansord oder von Melbourne nach Adelaide oder umgekehrt. Kurz: Die 243 Kilometer der berühmten Scenic Road stehen für viele Kurven, atemberaubende Ausblicke, beeindruckende Felsformationen vor türkisblauem Meer, steile Klippen, weite Buchten, einsame Strände, Surfer und einladende Küstenorte. Wie auf einer Perlenschnur reihen sich die Aussichtspunkte aneinander.

So viel Schönheit und Vorschusslorbeeren lassen die Great Ocean Road zum Synonym für Massentourismus oder Overtourism werden. Selbst für ein riesiges Land wie Australien kann es hier richtig voll werden – sowohl auf der Straße als auch an den bekannten Stopps.

In den folgenden Zeilen erfährst du, warum ich in die allgemeine Begeisterung über die legendäre Küstenstraße nicht ganz einstimmen kann. Vielleicht helfen dir meine Erfahrungen bei der Entscheidungsfindung und Reiseplanung. Finde heraus, welche Fehler du auf der Route vermeiden kannst.

Eine Straße, ihre Entstehung und ihr Mythos

Erste Pläne für eine Straße entlang der Südküste Victorias stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Orte entlang der Küste waren nur mühsam per Schiff oder durch den Busch zu erreichen, da eine durchgehende Landverbindung fehlte. Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Idee in die Tat umgesetzt. Der Bau der «South Coast Road» begann 1919 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für 3’000 aus dem Krieg heimgekehrte Soldaten. Gleichzeitig sollte die Straße ein riesiges Kriegerdenkmal werden.

Die Arbeit war hart. Neben einigen kleinen Maschinen kamen vor allem Sprengstoff, Pickel, Schaufeln und Schubkarren zum Einsatz. Mehr als drei Kilometer pro Monat waren so kaum zu schaffen. Das erste Teilstück zwischen Torquay und Lorne wurde 1922 fertiggestellt. Die offizielle Eröffnung der gesamten Strecke erfolgte erst zehn Jahre später.

Der Memorial Arch, der berühmte Bogen in Eastern View, markiert übrigens nicht den Beginn der Küstenstraße, wie oft fälschlicherweise angenommen wird. Die Gedenktafel am Bogen erinnert an den Ingenieur Major W. T. B. McCormack vom Country Roads Board, der als Ehreningenieur des Great Ocean Road Trust für den Bau der Straße verantwortlich war.

Memorial Arch Great Ocean Road
Memorial Arch

1962 erklärte die nationale Tourismusorganisation die Ocean Road zu einer der schönsten Panoramastraßen der Welt und seit 2011 steht sie auf der Liste des nationalen Kulturerbes Australiens. Die Werbung trägt Früchte. Rund sieben Millionen Besucher lassen sich eine Fahrt auf der beliebten Küstenstraße nicht entgehen.

Die absoluten Great Ocean Road Highlights

Tatsächlich beginnt der schönste Abschnitt der Strecke nach Eastern View. Hier gehen die schier endlos langen Strände in Steilküste über. Wellen, Wind und Regen haben einzigartige Felsformationen geschaffen.

Die Küste: Campbell Nationalpark

Der Port Campbell National Park beherbergt besonders bizarre Felsformationen und bildet den Höhepunkt der Great Ocean Road. Erste Sehenswürdigkeit sind die Gibson Steps. Über 86 Stufen führt eine steile, in den Fels gehauene Treppe hinunter zum Gibson Beach. Allein wegen der Aussicht lohnt sich ein Stopp, auch wenn du den Weg hinunter zum Strand (und wieder hinauf) nicht in Angriff nehmen möchtest.

Am Strand bekommst du einen guten Eindruck davon, wie imposant und hoch die Klippen hier sind. Vor der Küste ragen zwei Felsen aus dem Meer. Es sind Gog und Magog. Sie gehören nicht zu den Zwölf Aposteln, sind aber so etwas wie deren Vorboten. Ein kleiner Wasserfall sorgt dafür, dass es direkt am Fuße der Treppe herrlich grün ist – das perfekte Fotomotiv.

Wasserfall an den Felsen
Gibson Steps

Etwa einen Kilometer weiter folgt der beliebteste Aussichtspunkt der gesamten Küste, die Zwölf Apostel. Ob sie als «Sow and Piglets» (Sau und Ferkel) auch so viele Touristen anlocken würden? Diesen Namen gab der englische Entdecker und Seefahrer George Bass dem Felsen 1798 und noch heute findet man ihn als Bestandteil des Namens einer Brauerei und eines Guesthouses. Wann genau aus der Sauerei die Zwölf Apostel wurden, ist nicht genau belegt. Angeblich war es ein Fremdenverkehrsbeauftragter, der 1922 den wesentlich klangvolleren Namen einführte.

Ob es jemals zwölf Apostel gab, ist nicht sicher. Der neue Name war jedenfalls schon in den 1920er-Jahren nicht korrekt. Damals bestand die Felsformation aus neun Kalksteinsäulen, die vor der Küste aus dem Meer ragten. Im Juli 2005 stürzte eine 50 Meter hohe Felsnadel ein. Da waren’s nur noch acht. Irgendwann wird die Erosion dafür sorgen, dass sie noch weniger werden oder ganz verschwinden. Dafür entstehen neue Felsformationen.

Wie du dir vorstellen kannst, herrscht hier fast den ganzen Tag über enormer Andrang. Der Parkplatz ist riesig. Autos, Camper, Wohnmobile, kleine und große Reisebusse … es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Daneben gibt es noch einen Helikopterlandeplatz. Rundflüge entlang der Küste sind beliebt. Die günstigste Variante, einen 15-minütigen Flug, gibt es ab etwa € 90.– bei 12 apostles helicopters. Gut ausgebaute Stege führen zu den Aussichtspunkten.

Dann geht es Schlag auf Schlag, Aussichtspunkt an Aussichtspunkt. Die Loch Ard Gorge wurde nach dem 1878 vor Muttonbird Island gestrandeten Schiff Loch Ard benannt. Bis heute ist die Loch Ard nur eines von rund 800 Schiffen, die an der Shipwreck Coast gesunken sind. Weniger als 250 wurden bisher gefunden. Der Island Archway, ein Felsentor vor der Loch Ard Gorge, stürzte im Juni 2009 ein. Nur zwei Felssäulen blieben übrig.

Loch Ard Gorge an der Great Ocean Road
Loch Ard Gorge

Nach einem kleinen Spaziergang kommst du zum Razorback Lookout. Der lange schmale Razorback hebt sich deutlich von den anderen Felsformationen ab.

Eine weitere Sehenswürdigkeit erwartet dich mit dem London Arch. Der London Arch ist wie viele andere Felsformationen an der Küste der Erosion zum Opfer gefallen. Bis 1990 war der heutige Felsbogen eine Brücke, die durch einen Doppelbogen mit dem Festland verbunden war. Der erste Bogen wurde so stark unterspült, dass er sein eigenes Gewicht nicht mehr tragen konnte und einstürzte. Ein Schicksal, das auch das Azure Window auf Gozo ereilte.

Rest der London Bridge an der Great Ocean Road
London Arch

Wenn viele von der Fahrt auf der Traumstraße müde sind und meinen, genug gesehen zu haben, setzt The Grotto noch einen drauf. The Grotto ist eine Mischung aus einem Loch im Felsen, einem Felsbogen und einer Höhle. Für viele ist es die schönste Felsformation, denn der Blick durch das Fenster ist etwas ganz Besonderes.

Eine weitere Perle entlang der Route ist sicherlich die Bay of Islands. Sie gehört nicht mehr zum Campbell National Park, sondern ist ein eigenständiges Küstenreservat. Der Bay of Islands Costal Park ist stolze 32 Kilometer lang und liegt etwa 40 Autominuten von Warrnambool entfernt. Wanderwege und Stege führen entlang der Küste und bieten immer wieder Ausblicke auf die vielfältigen Felsformationen. Natürlich ist die Bay of Islands nicht ganz so spektakulär wie die Twelve Apostles. Dafür kannst du hier in aller Ruhe wandern und die Ruhe ohne Touristenmassen genießen.

Regenwald: Cape Otway Nationalpark

Es muss nicht immer die Brandung sein. Zwischen Apollo Bay und Princetown verläuft die Great Ocean Road im Landesinneren durch den Great Otway National Park. Wie die Straße führt auch der Great Ocean Walk durch den Nationalpark. Der Kontrast zur Küste könnte kaum größer sein. Auf einmal bist du mitten im Wald. Es gibt Eukalyptuswälder, in denen du Koalas begegnen kannst, bis zu 300 Jahre alte Riesenbuchen und Regenwälder mit Riesenfarnen. Wenn du Outdoor-Aktivitäten magst, könntest du allein hier mehrere Tage verbringen.

Weg durch den Regenwald bei Melba Gully
Melba Gully

Wandere zu einem der vielen Wasserfälle (Hopetoun Falls, Beauchamp Falls, Erskine Falls, Sheoak Falls, Triplet Falls, Stevensons Falls oder Little Aire Falls), spaziere über den Treetop Walk oder schwebe mit der Zipline zwischen und über die Baumwipfel. Auch bei einem vollen Programm kann man einige der Wanderwege genießen, wie z.B. den Redwoods mit seinen Mammutbäumen, den Maits Rest Rainforest Walk, der für seine Farne und riesigen Buchen bekannt ist, oder den Madsen’s Track bei Melba Gully. Melba Gully gilt als einer der feuchtesten Orte im Bundesstaat Vicoria. Bekannt ist der Ort auch für seine Glühwürmchen.

Muss man die Great Ocean Road gesehen haben?

Wie heißt es so schön? Müssen tut man gar nichts. Wie eingangs erwähnt ist die Great Ocean Road eine der am besten vermarkteten Attraktionen Australiens. Niemand möchte sich die Fahrt entlang der berühmten Panoramastraße entgehen lassen – aus Angst etwas zu verpassen. Je besser du dich darauf einstellst, dass hier wirklich Touristenmassen anzutreffen sind, desto weniger enttäuscht wirst du sein.

Wer mit dem eigenen Auto unterwegs ist, kann dem Massenandrang etwas entgehen und die beliebten Aussichtspunkte in den frühen Morgenstunden oder am Abend besuchen. Die meisten Touren, ob Tagesausflüge oder mehrtägige Reisen, starten in den frühen Morgenstunden in Melbourne. Das bedeutet, dass die meisten Besucher am frühen Nachmittag im Campell National Park und bei den Twelve Apostles sind. Das Licht zum Fotografieren ist zu dieser Zeit nicht optimal.

Unzählige Influencer:innen geben auf Instagram oder TikTok Tipps nach dem Motto «Forget … go to … instead». In dieses Lied will ich nicht einstimmen. Jeder Ort hat seine Vorzüge und Schattenseiten. Dennoch ertappe ich mich dabei, wie ich die Felsformationen mit dem Seven Hanging Valleys Trail zwischen Praia da Marinha und dem Praia de Vale an der Algarve, die Strände mit denen an der Felsalgarve und die Steilküste mit Karpathos vergleiche.

Die Südküste von Victoria ist wunderschön. Ich bin mir sicher, dass ich es bereut hätte, die Tour nicht zu machen. Aber in meinen Augen ist der Hype um diesen Roadtrip größer als das Erlebnis selbst. Ich rate dir nicht, auf dieses Australien-Abenteuer zu verzichten. Wenn du allerdings dafür eine weite Anreise hinnehmen musst, weil du zum Beispiel hauptsächlich im Norden von Queensland unterwegs bist, dann würde ich mir tatsächlich die Frage stellen, ob es das wert ist. Wer Touristenmassen meiden, aber auf das Küstenerlebnis nicht verzichten will, ist wahrscheinlich an der Coral Coast in Westaustralien besser aufgehoben.

Viele fragen sich, in welche Richtung sie die Great Ocean Road fahren sollten. Die Fahrt von West nach Ost (von Adelaide Richtung Melbourne) hat den Vorteil, dass du antizyklisch unterwegs bist und so dem größten Andrang entgehest. Trotzdem halte ich die Fahrt von Ost nach West für die bessere Variante. Du fährst auf der linken Straßenseite und hast so den besseren Blick auf das Meer. Es ist auch einfacher, unterwegs am Straßenrand anzuhalten. Der Schlüssel zum Gesamterlebnis ist ganz einfach, dass du dir ausreichend Zeit nimmst, am besten zwei bis drei Tage. Und vielleicht willst du deine Reise mit dem Grampians Nationalpark verbinden.

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Grampians Nationalpark

Auf dem Weg ins Landesinnere empfiehlt sich ein Stopp im Tower Hill Wildlife Reserve. Victorias ältester Nationalpark (1892) liegt nur etwa 20 Autominuten von Warrnambool entfernt. Das Gebiet ist durch Vulkanausbrüche vor fast 30’000 Jahren entstanden. Das Reservat bietet Besuchern die Möglichkeit, Tiere aus nächster Nähe in ihrem natürlichen Lebensraum zu beobachten. Mehr als 200 Kängurus und Koalas leben in diesem winzigen Ökosystem inmitten eines Kraters, viele von ihnen in der Nähe des Besucherparkplatzes. Wir haben das Glück, hier ganz viele Koalas zu sehen. Sie sitzen nicht etwa hoch oben in den Bäumen, sondern auf Augenhöhe.

Tower Hill Wildlife Reserve
Koala

Nach diesem herzerwärmenden Erlebnis geht es weiter nach Halls Gap. Halls Gap ist ein verschlafenes Nest, aber gleichzeitig das touristische Zentrum der Region und quasi das Basislager für Erkundungen in den Grampians. Mit einem Hostel, mehreren Motels, Campingplätzen und einigen Geschäften im Zentrum ist die nötige Infrastruktur vorhanden.

Das Besondere an Halls Gap sind die vielen Kängurus. Die zahmen unter ihnen hüpfen durch die Vorgärten und versammeln sich abends auf dem Cricketfeld. Eine riesige Ansammlung der Beuteltiere können wir etwas außerhalb des Ortes auf einer großen Wiese beobachten.

Kängurus in Halls Gap
zahme Kängurus

Die schönsten Aussichtspunkte

Aussichtspunkte gibt es in den Grampians wie Sand am Meer. The Reeds Lookout ist vom Parkplatz aus leicht zu erreichen und bietet einen herrlichen Blick auf das Victoria Valley und die umliegenden Berge. Vom selben Parkplatz aus führt ein etwa zwei Kilometer langer Weg durch einen Zypressenwald zu den Balconies, auch bekannt als Jaws of Death. Die ungewöhnlichen Felsformationen machen diesen Ort zu etwas Besonderem. Von der Aussichtsplattform kannst du auch den Sonnenuntergang genießen.

Aussichtspunkte in den Grampians
Balconies

Wanderung in den Grampians

Ein Highlight sind die MacKenzie Falls. Sie gelten als die spektakulärsten Wasserfälle der Grampians. Es gibt zwei Wanderwege. Der erste führt eher flach zu einem Aussichtspunkt, von dem aus du einen perfekten Blick auf die Fälle hast. Der zweite Weg führt über steile Treppen hinunter zum Fuß der MacKenzie Falls. Beachte, dass der Aufstieg in der oft brütenden Hitze erfolgen muss. Das kann ganz schön anstrengend sein, aber es lohnt sich.

Der Grampians National Park bietet Wanderungen für jeden Schwierigkeitsgrad und jede Kondition. Der Klassiker schlechthin ist die Wanderung zu den Pinnacles, einem Aussichtspunkt über dem Tal von Halls Gap. Es gibt zwei mögliche Routen. Die einfachere und anspruchsvollere beginnt am Sundial Parkplatz, die spektakulärere und anstrengendere am Wonderland Car Park. Sie führt am Grand Canyon der Grampians vorbei, wo du einzigartige Felsformationen bewundern kannst. Der Höhepunkt ist jedoch die Silent Street. Diese letzte Etappe der Tour führt durch eine extrem enge und hohe Schlucht.

Felsformationen am Wanderweg Pinnacles
«Grand Canyon»

Für diese Tour solltest du gut ausgerüstet sein, genügend Wasser dabei haben und am besten am frühen Morgen starten.

Gibson Steps
Great Ocean Road

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Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit mehr als sieben Jahren schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

2 Gedanken zu „Great Ocean Road und Grampians: Darf die Route tatsächlich auf keinem Australien-Trip fehlen?“

  1. Liebe Carola,
    Ein sehr schöner Artikel. Ich habe die Great Ocean Road vor über 20 Jahren gesehen und nach deinem Beitrag bin ich froh echt froh, dass ich schon mal dort war. Damals habe ich das mit meiner ersten australischen Bustour gemacht und habe mich dadurch mit dem Reisevirus angesteckt.
    Danke für die tollen Bilder – die meine Erinnerung und meine Sehnsucht geweckt haben.
    Viele Grüße
    Sonja

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    • Hallo Sonja

      Ja, das geht uns wohl mit vielen Orten, Regionen und Ländern so. Es gibt einige Destinationen zu denen ich nach langer Zeit zurückgekehrt bin und dann meist irgendwie enttäuscht war. Santorini ist so ein Ort, auch London oder Bangkok waren früher irgendwie spannender. Und dann gibt es Länder, Kuba zum Beispiel, die ich einfach so in Erinnerung behalten möchte, wie ich sie damals erlebt hatte. Ich wünsche dir noch viele spannende Reisen und schöne Erinnerungen.

      Liebe Grüße
      Carola

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