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Walensee: Wanderung nach Quinten, an die Ostschweizer Riviera

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Der Walensee sieht aus wie ein Fjord mit türkisblauem Wasser. Die imposante Kulisse und die steil abfallenden, schroffen Felswände der Churfirsten beeindrucken alleine schon, wenn man am Südufer entlangfährt. Doch von der eigentlichen Schönheit des Walensees bekommt man bei der Durchreise auf der Autobahn nicht allzu viel mit.

Schätze wie die Seerenbachfälle, die zu den höchsten Wasserfällen Europas gehören, oder das autofreie Dörfchen Quinten mit seinem mediterranen Klima, das nur per Schiff oder zu Fuß erreichbar ist, sind lohnende Ausflugsziele.

Lust auf einen Ausflug an die Riviera der Ostschweiz, ins Weindorf Quinten, und zum Instagram-Hotspot Seerenbachfälle? Im Beitrag beschreibe ich diese gemütliche Wanderung am Nordufer des Walensees.

Wanderung am Nordufer des Walensees

Die Wanderung Weesen Quinten ist etwas vom Schönsten, was die Ostschweiz zu bieten hat. Die Tour kann als mittel eingestuft werden. Sie ist etwa 10.5 km lang und man überwindet dabei 487 Höhenmeter. Je nach Tempo benötigst du dafür drei bis dreieinhalb Stunden. Die Wanderung ist oftmals sogar im Winter begehbar.

Der Großteil der Wanderung ist richtig idyllisch. Störend ist lediglich der Autobahnlärm, der vom anderen Seeufer herüberdringt. Wer möchte, kann die Wanderung auch noch bis nach Walenstadt fortsetzen. Dann kommen nochmals 11 km, 550 Meter Auf- und Abstiege beziehungsweise dreieinhalb Stunden Wanderzeit hinzu.

Entlang des Walensees nach Betlis und zu den Seerenbachfällen

Ausgangspunkt der Wanderung ist das wunderschöne Seeufer in Weesen (428 m). Von hier aus führt der Weg der Straße entlang. Auch wenn sich nach knapp zwei Kilometern noch keine Müdigkeit einschleichen sollte, empfehle ich einen kurzen Abstecher ins Lago Mio. Das Seebeizli liegt richtig idyllisch am Walenseeufer.

Weiter geht es auf der schmalen, asphaltierten Betliserstrasse. Hier teilt man sich den Weg mit Autos. Zum Glück ist die Betliserstrasse nur einspurig und zu bestimmten Zeiten befahrbar. In Richtig Betlis darf man von xx:00 bis xx:05 und von xx:30 bis xx:35 einfahren. Wer in Richtung Wesen unterwegs ist startet 15 Minuten nach bzw. vor der vollen Stunde. Typisch Schweiz sind hier einige Tunnel in den Fels gehauen. Insgesamt ist die Betliserstrasse nicht ganz ungefährlich. Es kommt immer wieder zu Steinschlägen.

Bei Talegg, nach der Abzweigung zum Parkplatz, beginnt der Weg leicht zu steigen. Kurz danach teilt sich die Straße in Obere und Untere Betliserstrasse. Auf der Unteren Betliserstrasse passiert man in Hinterbetlis die Burgruine Strahlegg und kann sich im Restaurant Burg Strahlegg nochmals stärken. Wer die Obere Betliserstrasse wählt genießt vom Restaurant Paradiesli aus eine wunderbare Aussicht auf den Walensee. Auf beiden Weg erreicht man nach etwa einer Stunde Wanderzeit Vorderbetlis (531 m) mit der schön gelegenen Kapelle.

Gleich nach der Kapelle zweigt der Weg links ab und führt hinauf zu den Seerenbachfällen. Dabei handelt es sich um eine Kaskade von drei Wasserfällen. Insgesamt fällt der Seerenbach hier 585 Meter in die Tiefe. Die oberste Stufe I hat eine Fallhöhe von 50 Metern, die Stufe II 305 und die Stufe III 190 Meter. Somit ist die zweite Stufe der Seerenbachfälle nach dem Mürren- und dem Buchbachfall der dritthöchste freifallende Wasserfall der Schweiz. Weiter unter tritt noch die Rinquelle ans Tageslicht. Es sind beachtliche Wassermassen, die aus einem unterirdischen Höhlensystem in die Tiefe stürzen.

Bei meinem Besuch führen die Seerenbachfälle nicht besonders viel Wasser. Der trockene April macht sich bemerkbar. Die Wasserfälle sind übrigens auch ein beliebter Fotospot unter Influencern. Die kraxeln dann für den ultimativen Instagrampost im Gelände herum. Auf dieses Einheits-Selfie verzichte ich gerne. Der Abstecher zu den Seerenbachfälle lohnt sich auf alle Fälle, wenn man schon auf dieser Wanderung ist. Als besonders eindrücklich oder außergewöhnlich erlebe ich sie allerdings nicht. Da finde ich beispielsweise den Berglistüber Wasserfall am Klausenpass wesentlich schöner.

Nach einem kurzen, steilen Abstieg überquert man die Seerenbachbrücke. Entlang des weiteren Weges gibt es immer wieder kleine Verpflegungsstationen. Anrainer bieten in Kühlschränken oder auf Tischen Getränke an.

Nach einem gemütlichen, aber stetigen Anstieg erreicht man im Seerenwald den höchsten Punkt mit 719 Metern. Danach beginnt ein relativ steiler Abstieg mit unangenehmen Felsen und vielen Wurzeln. Der Weg ist über weite Strecken gut gesichert. Weil ich nicht gerne bergab gehe, ist das für mich das unangenehmste Stück des Weges. Da kann mich auch der Walensee, der immer wieder türkisgrün durch den Wald schimmert, nicht ablenken. Ein anderes Mal würde ich den Weg eher in umgekehrte Richtung wandern, selbst wenn dieser Aufstieg dann wohl recht kräftezehrend ist.

Quinten am Walensee

Sobald der Weg wieder flacher wird, verändert sich die Vegetation. Plötzlich findet man sich mitten in einem Blumenmeer und zwischen Weinbergen wieder. Das sind die ersten Ausläufer des Ortes (434 m). Das kleine Dörfchen liegt auf einer Landzunge, eingerahmt von den steilabfallenden Felswänden der Churfirsten und dem Walensee. Diese Aussicht über die Weinberge ist jetzt wirklich atemberaubend. Aufgrund seiner Lage herrscht ein außergewöhnlich mildes, fast mediterranes, Klima. Hier gedeihen neben Weintrauben sogar Feigen, Kiwis und andere Südfrüchte. Deshalb wird dieser Uferabschnitt auch gerne als die Riviera der Ostschweiz bezeichnet.

Was haben Orte wie Bettmeralp, Mürren, Niederrickenbach, Saas-Fee, Stoos, Wengen oder Zermatt mit dem Ziel meiner Wanderung gemeinsam? Genau, es sind autofreie Dörfer. Hierher führen keine Straßen. Deshalb sind die beschriebene Wanderung von Weesen aus, der Weg von Walenstadt über Au oder die Fahrt mit dem Kursschiff die einzigen Möglichkeiten den kleinen Weiler zu erreichen. Etwa drei Dutzend Einwohner zählt das Dorf heute noch. Einsam wird es normalerweise dennoch nicht. Schließlich ist Riviera der Ostschweiz ein beliebtes Ausflugsziel. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was an einem schönen Sommerwochenende hier los ist. Jetzt kurz nach dem Corona-Lockdown sieht es allerdings etwas anders aus.

Für das leibliche Wohl wird in zwei Restaurants gesorgt, dem Seehus und der Wirtschaft zur Schifflände. Beide haben schöne Gartenterrassen mit direkter Seesicht. Den Rest des Ortes hat man schnell gesehen: Weinkeller, die Kapelle, das alte Schulhaus und die Schiffsanlegestelle.

Zurück nach Murg nehme ich den Weg, den auch die wenigen Schulkinder mehrmals täglich erleben dürfen: den mit dem Schiff über den See. So kann man noch einmal die Bilderbuchansicht des Dorfes bewundern. Die Überfahrt dauert gerade einmal zehn Minuten.

Normalerweise kommt man mit dem Schiff auch von Weesen oder Walenstadt aus nach Quinten und Au. Im Frühjahr 2020 ist der Ausflugsverkehr aber verboten. Erst ab 18. Mai verkehren die Schiffe wieder, allerdings gilt der Winter-Fahrplan. Dennoch gibt es zumindest zwischen Quinten, Au und Murg etwa stündliche Verbindungen. Den aktuellen Fahrplan findest du auf der Seite Schiffsbetrieb Walensee. Zu beachten ist, dass Halbtax-Abo und GA auf dem ganzen See nicht gültig sind. Immerhin kann man Tickets neuerdings online erstehen.

Lofthotel Murg

Die Nacht vor der Wanderung verbringe ich im Lofthotel in Murg. Die ehemalige Spinnerei wurde liebevoll restauriert und beherbergt heute unter anderem das Hotel. Die Räumlichkeiten und Zimmer sind sehr originell. Jedes der 19 Zimmer ist individuell gestaltet und trägt einen eigenen Namen, der mit der industriellen Vergangenheit und den Arbeitsräumen der ehemaligen Spinnerei in Verbindung steht. In der untersten Etage können Motorradfahrer sogar direkt in eines der Biker-Lofts fahren.

Vor allem aber hat man vom Hotel aus eine herrliche Aussicht über den Walensee und die Churfirsten.

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Eine besondere Erfahrung wird die Übernachtung für mich, weil ich tatsächlich die einzige Person im Hotel und in diesem riesigen Komplex bin. Der Schlüssel ist im Safe hinterlegt, weil die Rezeption nur drei Stunden am Morgen besetzt ist. Ich bin also völlig auf mich selbst gestellt. Die langen, einsamen Gänge des Hotels wirken schon etwas trostlos, wenn alles so leer ist. Kein wunder also, wenn da ein paar Erinnerungen an Stanley Kubricks Shining aufkommen. Zum Glück bin ich kein ängstlicher Mensch und kann die Ruhe genießen.

Mein Frühstück für den nächsten Morgen steht schon im Kühlschrank bereit. Auf einem Teller sind Käse und Wurst liebevoll angerichtet. Man konnte ja nicht wissen, dass ich keine Wurstwaren und keinen Schinken essen. Es gibt Joghurt und Säfte. Dass die Brötchen dann nicht mehr frisch sind und auch die Auswahl nicht die gleiche ist wie bei einem Buffet, versteht sich von selbst. Trotz der besonderen Umstände fühle ich mich umsorgt.

Aktuell überschlagen sich die Ereignisse. War es vor zwei Monaten ein Urlaub im Ausland noch völlig undenkbar, gibt es nun mit den Grenzöffnungen ab Mitte Juni erste Anzeichen, dass Reisen im Sommer innerhalb Europas wieder möglich sein wird. Ich musste meine geplanten Aufenthalte in Belgrad, Oberösterreich, München, Köln und Matera absagen. Das Inselhopping in Griechenland habe ich sicherheitshalber von Ende Juni auf Ende August verschoben. Wie es jetzt aussieht, hätte das sogar geklappt.

Meinen Entdeckergeist kann ich dabei jedoch nicht richtig ausleben.

Nach meiner überstürzten Rückkehr von den Lofoten und sehr arbeitsintensiven Wochen wollte ich mir erst einmal eine kleine Auszeit in der Schweiz gönnen. Die Grenzen zu Deutschland und Österreich sind jetzt Mitte Mai noch nicht offen. Meine kleine Rundreise führt mich über den Walensee, durchs Heidiland und Rheintal ins Appenzellerland und an den Bodensee.

Da die Schweiz nicht wirklich groß ist, ist das schon eine seltsame Erfahrung. Denn eigentlich könnte man all diese Orte auch im Rahmen eines Tages- oder Wochenendausflugs erreichen. Die Landschaft ist zweifelsohne eindrücklich. Viele beneiden uns an einem Ort zu wohnen, wo andere Ferien machen.

Ferien in der Schweiz sind durchaus schön, aber auch sehr vorhersehbar und geordnet. Abgesehen davon, dass ich das Meer vermisse, fehlen mir die Überraschungen, die Herausforderungen und unterschiedlichen Mentalitäten, mit denen man auf Auslandsreisen konfrontiert ist. Mein Entdeckungsdrang ist nämlich schier endlos.

Walensee

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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