In der Adventszeit erstrahlen Polens Städte im festlichen Lichterglanz – und Breslau (Wroclaw) bildet da keine Ausnahme. Der Weihnachtsmarkt in der Altstadt fand erstmals 2008 statt und hat sich schnell zu einem der beliebtesten des Landes entwickelt. Breslau, die Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien, ist der perfekte Ort, um den Zauber der Weihnachtszeit zu erleben.
Die wunderschöne Stadt, deren Geschichte bis ins Mittelalter reicht, lockt in der Vorweihnachtszeit mit festlich geschmückten Straßen, dem Duft von Glühwein und Lebkuchen sowie dem lebhaften Weihnachtsmarkt auf dem historischen Marktplatz. Es ist ein Spektakel aus Lichtern, Aromen und fröhlichem Treiben. Mit ihren vielen Sehenswürdigkeiten lädt die Stadt ein, entdeckt zu werden. Die Mischung aus traditionellem Charme und Moderne machen Breslau zu einem lohnenswerten Reiseziel.
Inhalt
Breslau zur Weihnachtszeit
Weihnachtsmarkt Breslau – ein Wintermärchen
Neben Krakau und Danzig gehört der Weihnachtsmarkt in Breslau zu den größten und schönsten in Polen. 2024 startet der «jarmark bożonarodzeniow» am Freitag, den 29. November und dauert ganz 40 Tage bis zum 7. Januar 2025. Bis auf wenige Ausnahmen (Feiertage) ist der Markt täglich von 10:00 bis 21:00 Uhr geöffnet. In der Vorweihnachtszeit strömen nicht nur ausländische Touristen, sondern auch viele polnische Besucherinnen und Besucher nach Breslau. Besonders an den Wochenenden sind die Hotels gut ausgelastet. Einen Besuch des Weihnachtsmarktes sollte man möglichst unter der Woche einplanen. An den Wochenenden wird es vor allem abends richtig voll.
Der Breslauer Weihnachtsmarkt ist auf mehrere zentrale Plätze in der Altstadt verteilt. Einzigartig ist die Kulisse auf dem historischen Marktplatz (Rynek) mit dem Rathaus aus dem 16. Jahrhundert und vielen bunten Bürgerhäusern. Von hier aus erstreckt sich der Markt über den Plac Sonny, die Olwaska- und die Świdnicka-Straße. An über 200 Ständen werden neben Lebensmitteln auch Kunsthandwerk und andere Waren verkauft.
Ein Bummel über den Markt ist ein Fest für die Sinne. Das kulinarische Angebot reicht von traditionellen polnischen Gerichten wie Oscypek (geräucherter Käse mit Preiselbeeren), riesigen Schmalzbroten, Bigos (Sauerkrauteintopf mit Fleisch) und den beliebten Pierogi bis hin zu internationalen Spezialitäten wie Langos oder belgischen Pommes frites. Naschkatzen kommen bei Baumkuchen, Churros, Waffeln und Lebkuchen auf ihre Kosten. Natürlich darf auch der Glühwein nicht fehlen. Er wird in zehn verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten.
Wie auf vielen anderen Weihnachtsmärkten sind die Tassen, in denen der Glühwein ausgeschenkt wird, zu einem beliebten Sammelobjekt geworden. In Breslau sind es kleine Tassen in Stiefelform. Sie sind mit der jeweiligen Jahreszahl beschriftet und haben jedes Jahr eine andere Farbe. Im Jahr 2024 trinkt man den Grzane Wino, wie der Glühwein auf Polnisch heißt, aus dunkelgrünen Tassen. Der Preis liegt derzeit bei 20 PLN, umgerechnet etwa 4,60 Euro. Hinzu kommt das Tassenpfand von 20 PLN, das man natürlich zurückbekommt, wenn man den kleinen Stiefel nicht als Souvenir mitnehmen möchte.
Glühwein gibt es wegen des Pfandsystems nur gegen Bargeld. Ansonsten kommst du bei einem Wochenende in Breslau gut ohne Bargeld aus. Viel billiger bekommst du den Glühwein in den Bars rund um den Rynek. Dort trinkst du ihn zwar aus Pappbechern, kannst aber mit Karte bezahlen und wirst manchmal mit wirklich gutem Grzane Wino überrascht. Die Massenware an den großen Ständen überzeugt mich nicht so sehr.
Neben den kulinarischen Genüssen gibt es ein umfangreiches Programm mit Konzerten und Aufführungen von Künstler:innen und Kindern. Kinder sind im Märchenwald, in der Geschenkefabrik oder auf einem der Fahrgeschäfte willkommen oder können an einem der vielen Workshops teilnehmen. Bei unserem Besuch am Eröffnungswochenende leuchtet der riesige Weihnachtsbaum leider noch nicht. Er wird immer am 6. Dezember feierlich beleuchtet.
Der Zwerg Prezentuś erscheint übrigens nur einmal im Jahr während des Weihnachtsmarktes. Die Legende besagt, dass man seine Mütze dreimal berühren muss, damit alle Wünsche in Erfüllung gehen. Man muss also schnell sein, denn schon im Januar verschwindet der Zwerg wieder bis zum nächsten Dezember. Was es mit den Breslauer Zwergen auf sich hat, erfährst du etwas später.
Der Weihnachtsmarkt Breslau wird dich begeistern, wenn du gerne große und glamouröse Märkte magst. Es funkelt, glitzert und strahlt, manchmal etwas zu viel. Der Markt ist ein buntes Spektakel, auf dem je nach Wochentag und Tageszeit ziemlicher Trubel herrscht. Die besinnliche Stimmung kommt meiner Meinung nach etwas zu kurz.
Breslau Sehenswürdigkeiten im Winter
Breslau zur Weihnachtszeit ist ein besonderes Erlebnis und hat im Winter viel zu bieten. Selbstverständlich ist die Stadt ganzjährig ein faszinierendes Reiseziel. Das Zentrum ist relativ kompakt, sodass man vieles zu Fuß erreichen kann. An einem ungemütlichen Regentag entscheiden wir uns zusätzlich für eine dreistündige Rundfahrt mit dem Elektromobil von Ekotur.
Das Herz der Stadt, der Rynek, ist das pulsierende Zentrum der Altstadt. Hier steht das gotische Rathaus. Umrahmt wird der Platz von Bürgerhäusern mit bunten Fassaden. Während des Weihnachtsmarktes ist es schwierig, die ganze Pracht zu erfassen. Ein Blick auf die Fassade des Rathauses mit der astronomischen Uhr, den viele Giebeln, dem Pranger und Sandsteinfiguren lohnt sich auf alle Fälle.
An der Südseite befindet sich übrigens der Eingang zur ältesten Gaststätte der Stadt. Im Schweidnitzer Keller verkehrten einst Berühmtheiten wie Goethe oder Copin. Wer hier uriges Ambiente erwartet, wird allerdings enttäuscht. Nach der Renovierung wirkt der Keller mit seiner Brauerei sehr modern und die Speisekarte lässt keine Wünsche offen.
Für einen Überblick über die Stadt lohnt sich der Aufstieg auf einen der Kirchtürme. Die Aussichtsplattform auf dem Turm der Elisabethkirche ist mit 100 Metern der höchste Aussichtspunkt in der Breslauer Altstadt. Der Aufstieg über die enge Wendeltreppe (300 Stufen) ist allerdings nicht für jedermann geeignet. Ein weiterer, nicht ganz so hoher Aussichtspunkt ist die Büßerbrücke zwischen den Türmen der Magdalenenkirche.
In den alten Häusern der ehemaligen Schlachter-Gasse (Stare Jatki) befinden sich heute Kunstgalerien und Geschäfte, die vor allem Glas, Keramik und Bernstein anbieten. Bronzeskulpturen von Nutztieren erinnern noch heute an die einstige Bedeutung der Schlachtbänke.
Die Universität ist eines der prächtigsten Barockgebäude Breslaus. Besonders beeindruckend ist die Aula Leopoldina, ein prunkvoll ausgestatteter Festsaal mit Fresken, Stuck und Holzschnitzereien. Sie zählt zu den schönsten barocken Sälen Europas und ist ein absolutes Highlight für Kunst- und Geschichtsliebhaber. Von der Aussichtsterrasse des Mathematikturms hat man einen herrlichen Blick über die Stadt.
Die Breslauer Markthalle (Hala Targowa) ist nicht nur ein Paradies für Feinschmecker, sondern auch ein architektonisches Juwel. Das Gebäude aus dem Jahr 1908 beeindruckt durch seine charakteristische Betonkonstruktion im Jugendstil. Hier gibt es frische Produkte, regionale Spezialitäten und polnische Leckereien. Hier gibt es auch eine typische Milchbar, eine Arbeiterkantine, in der es zu Zeiten des Kommunismus preiswertes Essen gab.
Die Liebichshöhe (Wzgórze Liebicha) oder der Partisannenhügel ist eine Mischung aus Natur und Geschichte. Von der Aussichtsplattform hat man einen schönen Blick über die Stadt und das Belvedere bietet ein romantisches Fotomotiv.
Der Hauptbahnhof von Breslau (Wrocław Główny) ist ein architektonisches Meisterwerk im Tudor-Stil. Besonders schön ist der Kontrast zwischen den historischen Elementen und der modernen Nutzung als Verkehrsknotenpunkt.
Der nahegelegene Bahndamm mit seinen Lokalen und Kneipen unter den Geleisen hat sich zu einem beliebten Ausgehviertel gemausert.
Ganz in der Nähe befindet sich mit dem Denkmal der anonymen Passanten eines der beeindruckendsten Kunstwerke Breslaus. Die Bronze-Skulpturen zeigen Menschen, die langsam im Boden versinken und auf der anderen Straßenseite wieder auftauchen – ein Symbol für die schwierigen Zeiten während des Kriegsrechts in Polen.
Das Musikforum ist eines der modernen Wahrzeichen Breslaus und beeindruckt durch seine innovative Architektur. Es bietet eine Akustik auf Weltniveau und ist Schauplatz zahlreicher Konzerte und Festivals. Besonders in der Weihnachtszeit lohnt sich ein Besuch, da hier oft festliche Konzerte stattfinden. Von hier aus ist es nicht weit zum jüdischen Viertel. In der restaurierten Synagoge finden heute kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen statt, die Einblicke in das jüdische Leben geben. Ringsherum machen kleine Cafés, Antiquitätenläden und Galerien den Charme des Viertels aus.
Die Dominsel ist das spirituelle und historische Zentrum von Breslau. Neben der imposanten Kathedrale St. Johannes des Täufers laden kleinere Kirchen und romantische Straßen zu einem Spaziergang ein. Im Winter, besonders bei Schneefall, wirkt die Dominsel wie aus einem Märchen.
Der Weg zur Dominsel, die eigentlich keine Insel mehr ist, führt über die wunderschöne Dombrücke. Wie vielen anderen europäischen Brücken blieb auch ihr das Schicksal der Liebesschlösser nicht erspart. Vor einigen Jahren wurden die Schlösser entfernt. Heute warnen Schilder davor, neue anzubringen. Passend dazu stehen an den Brückenköpfen Zwerge, die symbolisch ein Liebesschloss knacken.
Zusammen mit Zagreb gehört Breslau zu den letzten beiden Städten in der Europäischen Union, in denen Gaslaternen durch einen Laternenanzünder angezündet werden. Das Spektakel beginnt allabendlich bei Einbruch der Dunkelheit – je nach Jahreszeit zwischen 18:15 und 20:45 Uhr. Wenn du um diese Zeit an der Kathedrale bist, kannst du ihm fast nicht verpassen, zumal ihm immer eine Traube von Menschen folgt.
Die Jahrhunderthalle, ein UNESCO-Weltkulturerbe, ist eines der beeindruckendsten Bauwerke Breslaus. Sie wurde 1913 erbaut und besticht durch ihre imposante Betonkuppel, die damals als technische Meisterleistung galt und mit einem Durchmesser von 65 Metern zu den größten der Welt zählte. Heute wird die Halle für verschiedenste Veranstaltungen wie Konzerte, Messen und Ausstellungen genutzt. Der umliegende Szczytnicki-Park mit der Holzkirche St. Johannes Nepomuk lädt zu einem Spaziergang ein.
Der Stadtteil Nadodrze, nur wenige Minuten vom Stadtzentrum entfernt, ist ein kreativer Hotspot Breslaus. Besonders bekannt sind die bunten Innenhöfe, in denen Kunst und Urbanität verschmelzen. Die Wände der Hinterhöfe sind mit großflächigen Wandmalereien und Mosaiken geschmückt, die Geschichten aus der Geschichte und Kultur des Viertels erzählen. Die Kunstwerke sind Teil eines sozialen Projekts, das die Gemeinschaft stärken und den Stadtteil aufwerten soll.
Als Indoor-Aktivitäten für kalte Tage eignen sich das interaktive Museum Hydropolis, das sich der Geschichte und Bedeutung des Wassers widmet oder das Panorama Racławicka, ein rundes Gebäude mit einem über 100 Meter breiten und 15 Meter hohen Panoramagemälde, das die Schlacht von Racławice zeigt.
Zwerge von Breslau
Man müsste schon mit Scheuklappen durch Breslau gehen, um die vielen kleinen Bronzestatuen zu übersehen. Die Breslauer Zwerge sind nicht einfach nur niedliche Figuren, sie haben eine ungewöhnliche und tiefgründige Geschichte.
In den 1980er Jahren protestierte die Orange Alternative, eine subversive Kunstbewegung, auf kreative Weise gegen das kommunistische Regime. Wo die Regierung antikommunistische Parolen mit Farbe übermalte, entstanden Graffiti mit Zwergen. Es gab auch Demonstrationen in Zwergenkostümen. Die Zensur wurde so ad absurdum geführt.
Im Jahr 2001 wurde die erste Zwergenstatue in der Ulica Świdnicka aufgestellt. Papa Zwerg erinnert an die Protestaktionen der Orangen Alternative, die oft auf dieser Promenade stattfanden. Seitdem vermehren sich die Zwerge unaufhaltsam. Mehrere hundert Zwerge zieren die Straßen und Plätze von Breslau. Jede Figur erzählt eine eigene Geschichte, ist individuell gestaltet und hat einen Bezug zur Umgebung. Es macht Spaß, die witzigen Details zu entdecken. Mittlerweile gibt es sogar Karten, auf denen die Standorte eingezeichnet sind.
Weitere Weihnachtsmarkt-Reisen
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