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Neuenburg: städtische Entdeckungen im Drei-Seen-Land Teil 1

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Drei Seen, drei Städte und drei Kantone, die unterschiedlicher nicht sein könnten und dazwischen noch die Sprachgrenze, so präsentiert sich das Drei-Seen-Land. Zum Auftakt geht es für mich in die Stadt Neuenburg (Neuchâtel) am Ufer des Neuenburger Sees im gleichnamigen Kanton. Weitere städtische Entdeckungstouren nach Biel und Murten sind für diesen Sommer ebenfalls geplant. Das Drei-Seen-Land ist eine Region, die ich die letzten Jahre etwas vernachlässigt habe. Dabei ist es doch so schön hier: wunderbare Städte, die unterschiedlicher nicht sein könnten, Weinberge (Wo es Wein gibt, lässt es sich leben!), Sandstrände mit mediterranem oder karibischem Flair und Segelboote.

Warum ich mich vom ersten Moment an ein bisschen in Neuenburg verliebt habe und was mir in der Stadt am Nordufer des Lac de Neuchâtel besonders gut gefallen hat, erfährst du in den folgenden Zeilen.

Die drei Seen lassen sich wunderbar an Bord eines Schiffes erfahren. Der Broyekanal verbindet den Neuenburger- mit dem Murtensee und der Zihlkanal verbindet ihn mit dem Bielersee. Wer in Solothurn startet, hat mit 100 Kilometern den längsten befahrbaren Wasserweg der Schweiz vor sich. Neben all diesen Superlativen ist Neuchâtel vor allem eins: ein ausgesprochen hübsches Städtchen mit Geschichte und mediterranem Flair. Neuchâtel hat es verdient, ausgiebig erkundet und entdeckt zu werden.

Neuchâtel und die Belle Epoche

Die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war eine friedliche Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs. Rückblickend wird diese Periode, die von Fortschritt, Kunst (Jugendstil) und Lebenslust geprägt war, als Belle Epoque bezeichnet. In der Zeit der Belle Epoche florierte der Schweizer Tourismus, Seil- und Zahnradbahnen wurden errichtet, Grandhotels erbaut und Orte wie Luzern, Interlaken, Montreux, Zermatt oder St. Moritz entwickelten sich zu berühmten Reisezielen. Auch hier in der Westschweiz hat die Belle Epoche ihre architektonischen, kulturellen und gastronomischen Spuren hinterlassen.

Belle Epoche in Neuchâtel

Inspiriert durch diese Blütezeit bietet Neuenburg Tourismus selbst geführte Besichtigungen, Führungen und Schitzeljagden unter dem Motto «Neuchâtel zur Belle Epoche» an. Der Rundgang führt vorbei an 18 in der Stadt angebrachten Wandfresken und spricht alle Sinne an. Im Kiosk am Place Pury entführt das Tramoscope, der Nachbau einer Straßenbahn, der gleichzeitig eine optische und akustische Animation darstellt, in die Zeit der Belle Epoche. Besucher können sich aber auch mit Spielen von damals vergnügen.

Vor dem ersten Geschäft von Philippe Suchard bewunderst du ehemalige Werbeplakate und hast Gelegenheit den Duft der Schokolade zu erschnuppern. Noch spannender ist die Begegnung mit der grünen Fee, eine geheime Absinth-Degustation an einem Brunnen.

Hafen und Esplanade

Die letzte Station des Rundgangs «Neuchâtel zur Belle Epoche» liegt vor dem Hotel Beau Rivage am Quai Ostervald, direkt am Seeufer. Hier stehen sich zwei Bronzestatuen gegenüber. Wo einst die vornehme Gesellschaft flanierte, trifft man sich auch heute noch gerne.

Als Kontrast zu vergangenen Zeit führt direkt beim Quai Osterwald die Passerelle de l’Utopie in den See. Der moderne Aussichtssteg ist ein beliebtes Fotomotiv. Auf der einen Seite ist der Steg fest im Boden verankert und sogar mit Gewichten beschwert. Die andere Seite ist frei schwebend. Von ganz vorne am Steg hast du einen schönen Blick auf die Stadt und das andere Ende der Passerelle de l’Utopie.

modernes Kunstwerk am See
Passerelle de l’Utopie

Zwischen der öffentlichen Bibliothek und dem Baromètre 1854 findest du die Banc Géant, eine überdimensionierte Parkbank, die eine andere Sichtweise auf das Treiben am Quai ermöglicht. Hier fühle ich mich, als wäre ich geschrumpft. Aber es ist witzig auf die Bank zu klettern, ein paar Bilder zu schießen oder ganz einfach das Treiben entlang der Promenade von oben herab zu beobachten.

Das Hafenquartier ist ein besonderer Ort. Hier legen die Kursschiffe der Société de Navigation sur les lacs de Neuchâtel et Morat SA (LNM) und der Bielerseeschifffahrt (BSG) an und ab. Wer möchte, kann den oben erwähnten Stadtrundgang mit einer Fahrt auf dem Dampfschiff «Le Neuchâtel» ganz stilecht fortsetzen oder abschließen. Die Atmosphäre rund um das Hafenbecken erinnert mich ein wenig an Brighton. Was an der Küste Südenglands die Badehäuschen sind, sind hier die bunten Fischerhütten, die regelmäßig neu gestrichen werden.

bunte Badehüttchen
Hafen

Ansonsten ist der Hafen ein beliebter Treffpunkt, wenn du den Abend gerne draußen verbringst. Hier herrschen Party- und Ferienstimmung. Besonders gelungen ist die Bar «The Blue Pool», wo su in einem Pool – allerdings ohne Wasser – dein Bier oder seinen Cocktail schlürfen kannst. Das DJ-Pult ist ein alter Lkw.

Hotel Best Western und Waves Bar
Yachthafen

Unweit davon schlägt noch eine andere Bar Wellen. Die Waves Bar im 7. Stock des Best Western Premier Hotel Beaulac ist mittlerweile eine Institution in der Stadt. Hier lässt es sich perfekt chillen und von der Terrasse hat man einen traumhaft schönen Blick auf den Neuenburgersee. Leider ist es bei unserem Besuch am Nachmittag bereits ziemlich windig, sodass der Außenbereich nicht geöffnet ist. Doch auch das Innere der Bar kann sich sehen lassen. Die Preise liegen im gehobenen Segment. Denn hier gilt auch «Sehen und gesehen werden». Mein Gin Atomic überzeugt aber auf voller Linie.

Unterwegs in der Altstadt

Die Verbindung von der Esplanade zur Innenstadt stellt der Place des Halles dar. Hier findet dienstags, donnerstags und samstags der Wochenmarkt statt. Am Samstag gibt es auch Stände in der parallel verlaufenden Rue du Seyon. Normalerweise liebe ich es über Märkte zu flanieren. Ich mag das Angebot an frischem Obst, Gemüse, Brot, Käse, Honig, Blumen und vielem mehr. Jetzt zu Zeiten von Corona macht es nicht wirklich Spaß. Auch hier gelten überall Einbahnregelungen und rund um die Stände sind Absperrbänder gespannt. Der Place des Halles mit seinem Markt ist so leider überhaupt nicht fotogen.

Die gesamte Altstadt von Neuchâtel ist Fußgängerzone, hier lässt es sich wunderbar durch die engen Gassen flanieren. Eine der schönsten Gassen in der Altstadt ist die Rue des Chavannes. Das Besondere ist, dass seit Jahren lokale Künstler die Treppen gestalten und bemalen. In den vergangen Jahren zierten ein Wassergraben und andere optische Täuschungen, ein langer Teppich oder eben jetzt ein Spielfeld die Rue de Chavannes. Spielfiguren dazu gibt es in den Geschäften entlang der Treppe.

bunt bemalte Pflaster einer Gasse in Neuenburg
Rue de Chavennes

Wenn du mit offenen Augen durch die Altstadt schlenderst, fallen dir bestimmt die vielen bunten Brunnen auf. Zwei der fantasievollsten sind der Fontaine du Banneret, der einen Ritter zeigt, und der Fontaine de la Justice, mit dem die Gerechtigkeit symbolisiert wird. Beide Brunnen sind gekennzeichnet durch bunte Säulen und mit Blattgold verziert. Vom gleichen Künstler, nämlich Laurent Perrenoud, ist auch der Greifenbrunnen in der Rue du Château.

Die Gegend um die Rue und die Escalier du Château haben mir besonders gut gefallen. Hier ist es etwas ruhiger, aber nicht minder schön als im geschäftigen Zentrum. Auf der Treppe zum Schloss kommst du bei der niedlichen Buchhandlung Le Cabinet d’Amateur vorbei. Da lohnt sich ein Blick hinein.

antike Buchhandlung
Cabinet d’Amateur

Neuchâtel kann mit einigen sehr interessanten Museen aufwarten. Das kunsthistorische Museum lockt in einem wunderschönen Gebäude mit Wechselausstellungen und permanenten Kollektionen. Das naturhistorische Museum ist vielleicht eher etwas für Kinder. Literaturfreunde kommen im Centre Dürrenmatt auf ihre Kosten und bekommen einen Einblick in das Schaffen des Autors und Malers. Auch der Erweiterungsbau von Stararchitekt Mario Botta ist interessant. Und schließlich genießt du von der Terrasse der Caféteria einen tollen Blick über den See und die Alpen.

Schloss und Kollegiatskirche

Wie unschwer zu erraten ist, kommt der Name der Stadt vom Château de Neuchâtel oder der Neuenburg. Das Schloss thront über der Stadt und blickt auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurück. Die Schlossanlage ist mit den vielen Türmen ziemlich imposant. Heute ist sie übrigens Sitz der Kantonsregierung. Vom kleinen Park beim Vorplatz des Schlosses hast du eine wunderbare Aussicht über die Dächer der Stadt und über den See.

Das Schloss bildet zusammen mit der Kollegiatkirche eine architektonische Einheit. Die Kirche wird gerade renoviert, ich bekomme aber dennoch einen ganz guten Eindruck von ihrer ganzen Pracht. Schön ist vor allem auch der Kreuzgang der Stiftskirche. Rund um Schloss und Kirche blühen im Frühsommer die Linden und verströmen eine betörenden Duft. Über eine kleine Bogenbrücke gelangst du in den Schlosspark.

Kreuzgang
Kollegiatskirche

Ausflüge in die Natur

Der Neuenburgersee ist übrigens der größte Schweizer See, der komplett innerhalb der Landesgrenzen liegt. Er ist einer der wenigen Seen, wo an den Ufern nicht mehr oder weniger hohe Berge emporragen. Die Größe des Sees lässt einen manchmal an das Meer denken. Insbesondere am Südufer lockt der Neuenburgersee mit Stränden von karibischer Qualität. Hättest du das im Drei-Seen-Land erwartet? Wenn du noch mehr Abwechslung suchst, gibt es in und um die Stadt jede Menge Ausflugsmöglichkeiten.

Chaumont

Der Chaumont ist sozusagen der Hausberg von Neuchâtel. Seit der Expo 2002 gibt es in der Stadt drei Standseilbahnen, eine von ihnen führt auf den Chaumont. Zu erreichen ist die Talstation Le Coudre entweder mit dem Bus 107 oder nach einem etwa halbstündigem Spaziergang. Neben der Standseilbahn führt auch eine Straße auf den Chaumont. Auf dem Aussichtsberg, gleich neben der Bergstation der Standseilbahn, befindet sich der Panorama-Aussichtsturm. Von oben siehst du Bieler-, Murten- und Neuenburgersee und das Schweizer Mittelland. Bei klarer Sicht sind sogar die Gipfel der Alpen zu erkennen. Der Chaumont ist aber nicht nur Aussichtsberg, sondern ein perfekter Ausgangspunkt für Wanderungen.

Gor de Vauseyon

Ebenfalls nicht weit entfernt vom Stadtzentrum, allerdings in die andere Richtung, erreichst du schnell ein Fleckchen unberührte Natur. Hier am unteren Flusslauf des Seyon gibt es eine kleine Märchenlandschaft zu entdecken: kleine Wasserfälle, Stromschnellen, schmale Steinbrücken, seltsame Felsformationen, bewachsene Felsen und die Überreste einer alten Mühle aus dem 17. Jahrhundert. In einem kleinen Lehrpark wird die Technik der Wasserräder erklärt.

Creux du Van

Nur etwa eine halbe Stunde ist die Felsenarena des Creux du Van entfernt. Dieses Naturwunder solltest du dir nicht entgehen lassen, wenn du schon einmal in der Region bist. Der «Schweizer Grand Canyon», wie er auch genannt wird, liegt an der Grenze der Kantone Waadt und Neuenburg. Die gigantische Felsenarena mit den senkrecht abfallenden, über 150 m hohen Felswänden, ist so etwas wie ein natürliche Amphietheater. Hier empfehle ich die Wanderung von Noiraigue aus. Wer es lieber gemütlich mag, fährt mit dem Auto direkt zum Restaurant Ferme le Soliat. Von hier aus sind es nur ein paar Meter bis zur Abbruchkante.

Escalier du Chateau in Neuenburg
Neuchâtel

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Teilzeitnomadin Travellingcarola

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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