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Murten: Entdeckungen im Drei-Seen-Land Teil 2

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Das kleine Städtchen im Drei-Seen-Land wirkt ein bisschen wie die Mini-Version der Bundesstadt Bern. Die Ähnlichkeiten mit anderen vom Fürstengeschlecht der Zähringer geprägten Städten wie Bern, Freiburg, Thun oder Freiburg im Breisgau stechen sofort ins Auge. Aber Murten hat mindestens noch zwei weitere Pluspunkte: die Lage am Murtensee und die umliegenden Weinbauregionen. Damit versprüht das Städtchen eine Prise mediterraner Lebenslust.

Nach meinem Ausflug ins wunderschöne Neuenburg will ich an diesem heißen Samstag im Juni das Zähringerstädtchen im Kanton Freiburg erkunden und die Gegend um den Murtensee mit dem Rad erfahren.

Die folgenden Highlights habe ich an einem Tag in der Stadt Murten und in der Region zwischen Murtensee und Neuenburgersee erlebt: zu Fuß, auf dem Rad und am Strand.

Murten Altstadt

Zahlen und Fakten

Murten hat knapp 8500 Einwohner ist somit statistisch gesehen keine Stadt. Dafür wären 10’000 Einwohner nötig. Allerdings ernannte Kaiser Friedrich der II. Murten bereits 1218 zur «freie Reichsstadt». Und außerdem gilt die Stadt (französisch Morat) als ein wichtiges Kultur- und Wirtschaftszentrum im Kanton Freiburg (Seebezirk).

Bekannt ist vor allem die historische Altstadt, die von einer Ringmauer umgeben ist, und der Schlacht bei Murten. Die Stadt liegt an der Sprachgrenze und ist so wie der Kanton Freiburg zweisprachig. Die Mehrheit der Bevölkerung (ca. 80 %) spricht allerdings Deutsch. In Sachen Religion überwiegt die evangelisch-reformierte Bevölkerung (Deutsche und Französische Kirche).

Im Sommer 2002 war Murten neben Biel, Neuenburg und Yverdon-les-Bains einer der Ausstellungsorte der Expo 02. Eine der Hauptattraktionen der Arteplage Murten stellte der im Murtensee schwimmende Monolith von Jean Nouvel dar. Bei der Bevölkerung war der Kubus allerdings nicht sonderlich beliebt. Deshalb wurden die 113 Tonnen Blech, 650 Tonnen Stahl und das Betonfundament schließlich aus dem See gehievt und recycelt. Viele haben heute noch ein Stück des Monoliths in Form eines Bilderrahmens oder einer Uhr bei sich zu Hause.

Stadtrundgang

Mein letzter Besuch liegt bereits wieder ein paar Jahre zurück. Im Rahmen einer Tagung konnte ich damals an einer informativen Stadtführung teilnehmen. Für einen ersten Überblick empfehle ich die Broschüre «Murten erleben». Zusätzlich sind Denkmäler und touristische Sehenswürdigkeiten mit QR-Codes ausgestattet. So kann man auch auf einem individuellen Stadtrundgang zusätzlich zur Broschüre ausführlichere Informationen schnell abrufen.

Insgesamt ist die Stadt aber alles andere als groß, recht kompakt und überschaubar. Verlaufen ist fast nicht möglich und Stadtplan oder Reiseführer sind überflüssig.

Das fotogene Berntor und die Arkaden entlang der Hauptstraße erinnern tatsächlich an Bern. Überall in der Stadt trifft man auf liebevoll mit Blumen geschmückte Brunnen. Vom Schlosspark oder der Aussichtsterrasse bei der französischen Kirche hast du den besten Ausblick auf den Hafen. Umgekehrt ist die Silhoutte der Stadt von der Promenade und dem Schiffsanleger besonders hübsch anzusehen.

Die Aussicht von der Ringmauer ist magisch!

Das Highlight ist selbstverständlich die begehbare Ringmauer. Der Weg über den Wehrgang ist richtig eindrücklich. Auf der einen Seite streift der Blick über die Dächer der Altstadt bis hin zum Murtensee und die zwölf Türme, auf der anderen Seite entdeckt man ein paar hübsche, versteckte Gärten. Die Türme tragen wie in anderen Städten Namen gemäß ihrer Funktion, z.B. Pulverturm, Hexenturm oder Käfigturm. Wenn man bereits auf der Stadtmauer ist, sollte man wegen der Aussicht unbedingt noch ein paar Treppen auf einen begehbaren Turm steigen.

Der Zugang zur Ringmauer ist gratis, sie ist täglich von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang geöffnet. Gebaut wurde die Mauer in mehreren Etappen und sie besteht aus verschiedenen Materialien. Angeblich stammen die untersten Lagen aus der Zeit vor dem 12. Jahrhundert.

Besonders schön erstrahlt die Stadt übrigens anlässlich des Murten Licht-Festivals, das jeweils im Januar stattfindet.

Nidelkuchen

Der Nidelkuchen gilt als Spezialität. Nidelkuchen oder Vully-Kuchen ist ein leichter Hefeteig, der mit mehreren Schichten Rahm verfeinert und exklusiv in der Bäckerei Aebersold hergestellt wird. Ich selbst mag ja bekanntlich keinen Kuchen und kann auf Süßes gut verzichten. Immerhin gibt es in den Weinbaudörfern rund um den Murtensee mit dem Salzkuchen auch einen herzhafte Variante, die gut zu einem Glas Wein aus dem Vully passt.

Wenn es mehr als Nidelkuchen in Verbindung mit etwas Bewegung sein sollte, kannst du in der Region Murtensee zu einer genussvollen Velotour starten. Auf der Genussreise entdeckst du nicht nur die herrliche Landschaft, sondern auch kulinarische Highlights. Ausgestattet mit dem Genussbüchlein, einem Gutscheinheft, konsumierst du unterwegs ein Mittag- oder Abendessen, ein Stück Nidel- oder Vullykuchen und ein Glas Wein. Das klingt zwar verlockend, ich entscheide mich dann aber für meine eigene Route.

Entdeckungen im Umland

Seit April bin ich stolze Besitzerin eine E-Mountainbikes. Damit habe ich mir die Zeit des Corona-Lockdowns möglichst abwechslungsreich uns sportlich gestaltet. Dabei hatte ich lange Zeit Vorurteile gegenüber E-Bikes. Das Klischee, dass Pedelecs etwas für unsportliche und bequeme Menschen sind, hält sich ja hartnäckig. Eine breit angelegte Studie in Europa hat kürzlich das Gegenteil bewiesen. E-Bike-Fahrerinnen und Fahrer legen deutlich weitere Strecken zurück und verbrauchen mindestens so viele Kalorien wie unmotorisierte Radlerinnen und Radler.

Nun bin ich für einen Tagesausflug nicht direkt mit dem E-MTB angereist, sondern habe es im Zug mitgenommen. Alternativ gibt es am Bahnhof eine Station von «Rent a bike». Die Mieträder dort sind qualitativ hochwertig und gut gewartet. Und weil die Region ein Radparadies ist, ist man gut für jegliche Nachfrage gerüstet.

Meine heutige gemütliche Halbtagestour führt mich auf etwa 60 Kilometern zuerst Richtung Avenches, an die Sandstrände am Neuenburgersee und über die Weinbauregion Vully zurück nach Murten. Dabei bin ich auf den Velorouten 480 und 5 unterwegs. Die beschriebene Route lässt sich auch mit herkömmlichen Fahrrädern gut bewältigen. Sie enthält kaum Steigungen.

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Avenches

Von Avenches habe ich bisher viel gehört oder gesehen. Besucht habe ich die ehemalige Hauptstadt des römischen Helvetiens bisher noch nicht. Da Avenches nur unweit des Murtensees liegt, bietet sich ein Abstecher in den Kanton Waadt an. Avenches selbst verfügt über eine gut erhaltene Altstadt mit mittelalterlichem Stadtbild. Es ist ein wirklich hübscher Ort.

Die meisten besuchen Avenches jedoch wegen der Überreste der römischen Stadt Aventicum. Und so ist das römische Amphietheater ein Must-see in Avenches. Es ist erstaunlich gut erhalten und wird wegen seiner besonderen Akustik für diverse Veranstaltungen (Opern und Rockkonzerte) genutzt. Ausgehend vom Amphietheater führt ein Rundgang zu den wichtigsten römischen Sehenswürdigkeiten und Ausgrabungen wie dem römischen Theater, dem Cigognier-Tempel oder den Thermen.

Auf einen Besuch im Römischen Museum muss ich aus Zeitgründen verzichten. Dafür decke ich mich noch mit Proviant für ein Picknick am Strand ein. Richtig gelesen: Die Schweiz verfügt tatsächlich über Sandstrände.

Strände am Neuenburgersee

Nach meinem Besuch in Avenches nehme ich den direkten Weg über Saint-Aubin nach Gletterens. Direkt beim Hafen und in der Nähe des Campingplatzes führen lange Holzstege durchs Schilf. Nach der kurzen Wanderung durchs Naturschutzgebiet gelangt man zu einem schmalen Strand. Da denkt man doch gleich an Nord- oder Ostsee. Zur Mittagszeit ist der Strand bereits gut besucht und vor allem kleine Wasserratten tummeln sich im See. Das ist ideal, weil der Strand hier nur sehr leicht abfällt.

Die Strände am Neuenburgersee müssen einen Vergleich mit der Karibik nicht scheuen.

Ganz in der Nähe lockt das Village Lacustre, der Nachbau eines prähistorischen Pfahlbaudorfes. Es zeigt eine typische jungsteinzeitliche Siedlung mit schilfgedeckten Lehmhäusern. Insbesondere Familien können hier «Steinzeit erleben», an Dorfführungen teilnehmen oder Workshops besuchen. Ich selbst radle nach einer kurzen Pause weiter durch das Naturschutzgebiet Grande Cariçaie Richtung Portalban. Grande Cariçaie umfasst insgesamt 3’000 Hektar geschütztes Seeufergebiet mit 800 Pflanzen- und über 10’000 Tierarten.

Der Wind weht ziemlich stark, auf dem See kräuseln sich die Wellen und Segler und Kitesurfer ziehen ihre Bahnen, als ich im Hafen ankomme. Das türkisgrüne Wasser und der breite, fast weiße Sandstrand lassen sofort Urlaubsfeeling aufkommen. Der Strand von Portalban, die Strände rund um Estavayer-le-Lac, der Plage de Pins weiter südwestlich oder die kleinen Buchten bis nach Yverdon sind die Schweizer Antwort auf die Karibik. Da lässt es sich erst einmal ein Weilchen aushalten, inklusive einer Runde Schwimmen im 22° C warmen See.

Gemüse und Weinbauregion am Murtensee

Nach kurzem Bergauf und Bergab durch Wälder führt der Veloweg nach Cudrefin unter anderem auch durch das «Grosse Moos». Dabei handelt es sich um eine der bedeutendsten Landwirtschafts- und Gemüsanbauzonen im Seeland und in der Schweiz. Hier sehe ich dann auch die ersten blühenden Sonnenblumen für diesen Sommer. Ich liebe die riesigen gelben Blüten. Gleichzeitig sind sie für mich immer ein Zeichen, dass die Hälfte des Jahres bereits wieder um ist und wir auf den Herbst zugehen.

Bald taucht neben mir der Broye Kanal auf. Ein paar wenige kleine Boote sind gerade auf dem Weg vom Murtensee zum Neuenburgersee. Bei Bas-Vully beginnt die Weinbauregion. Hier reihen sich kleine Dörfer mit hübschen Häusern und Weinkellern aneinander. Links begleitet mich der See, rechts ziehen sich die Weinberge die Hänge hoch. Es duftet nach Schwefel. Ich bin von Beginn an völlig verliebt in diese Region und beschließe, im Herbst für eine Wanderung am Reblehrpfad am Vully wiederzukommen.

In Salavaux führt der Radweg noch ein Stück der Broye entlang. Und um nochmals auf das Thema Sandstrände zurückzukommen: der Salavaux Beach gilt als längster natürlicher Süßwasser-Sandstrand Europas.

Von hier aus radle ich auf der mir bereits bekannten Strecke zurück und trete mit dem Zug die Heimreise an. Was für ein herrlicher Tag!

Aussicht über Murten von der Stadtmauer
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Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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© TRAVELLINGCAROLA

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