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Jungfraujoch «Top of Europe» mit Eiger Express und Jungfraubahn

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Die Jungfrau-Region mit Orten wie Grindelwald, Wengen, Mürren oder Lauterbrunnen ist eine der bekanntesten Feriendestinationen der Schweiz. Was wäre eine Reise durch das Alpenland ohne einen Besuch auf dem Jungfraujoch Top of Europe? Mehr als eine Million Gäste waren es jeweils in den Jahren vor der Corona-Pandemie, etwa 70 % von ihnen Asiaten, aus China, Japan, Indien und Korea. Der Berg und die Marke «Top of Europe» sind ein Marketingerfolg.

Mein erster und bislang letzter Besuch liegt mehr als fünfzehn Jahre zurück. Genau jetzt ist der perfekte Zeitpunkt das eindrückliche Panorama und das UNESCO Welterbe Jungfrau-Aletsch einigermaßen in Ruhe zu genießen.

Mit der Eröffnung des Eiger Express Ende 2020 verkürzt sich die Anreise aufs Jungfraujoch um eine Dreiviertelstunde. Ich habe die Rundfahrt von Grindelwald aus getestet. Im Beitrag erfährst du, warum ich die gute alte Zahnradbahn der neuen Seilbahn vorziehe.

Von Grindelwald zur Station Eigergletscher

Der moderne Grindelwald Terminal ist ein ziemlich auffälliges und großes Gebäude. Hier starten die 3S-Bahn Eiger Express zum Eigergletscher und die 10er-Gondelbahn zum Männlichen. Eine direkte Anbindung an die Berner-Oberland-Bahn ist vorhanden und im dazugehörigen Parkhaus finden 1’000 Fahrzeuge Platz. Der Name Terminal weckt Assoziationen mit Flughäfen. Die dürften durchaus gewollt sein. Man spielt mit Begriffen wie «Boarding» und schleust die Besucher durch ein Shoppingcenter mit internationalen und Schweizer Marken (Uhren und Schokolade), einem Sportgeschäft und einem kleinen Essensbereich (in der Schweiz sinnigerweise als Food-Corner bezeichnet).

Die Fahrt ist kein billiges Vergnügen. Das ist mit ein Grund, warum man auf der ganzen Welt auf Reiselustige trifft, die schon dort waren, viele Schweizerinnen und Schweizer aber auf dieses Erlebnis verzichten. Mehr als CHF 200.- muss man für die Fahrt von Interlaken aus ohne Ermäßigung berappen. Mit Gutscheinen und Sonderangeboten versuchen die Jungfraubahnen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Detailhändlern in der Krise vermehrt Einheimische auf den Berg zu locken. Wo sonst bis zu 5250 Personen pro Tag unterwegs sind, wirkt zurzeit manches etwas überdimensioniert. Dabei sollte der Eiger Express die Kapazitäten erhöhen und die Fahrzeit reduzieren.

Von Grindelwald zur Station Eigergletscher entscheide ich mich für die Fahrt mit dem Eiger Express. In nur 15 Minuten bewältigt die moderne 3S-Bahn die Strecke bis zur Station Eigergletscher auf 2’328 Metern Höhe. 44 moderne Kabinen mit je 26 Sitzplätzen schaffen eine Transportleistung von 2’200 Personen pro Stunde. Während der Fahrt zieht die imposante Eiger Nordwand an dir vorbei. Ansonsten ist es eine Seilbahnfahrt wie jede andere auch.

Willst du dich langsam an die Höhe gewöhnen und stilvoller anreisen, wählst du besser die Berner-Oberland-Bahn. Die Züge der ersten elektrischen Zahnradbahn der Schweiz klettern in gemächlichem Tempo den Berg hoch. Mit Umsteigen auf der Kleine Scheidegg brauchst du so 45 Minuten bis zum Eigergletscher.

Vom Eigergletscher zur Bergstation

Am Eigergletscher heißt es Umsteigen, egal ob du per Zahnradbahn anreist oder heraufgondelst. Momentan sind die Züge während der Woche nicht voll besetzt. Ansonsten empfehle ich dir unbedingt eine Sitzplatzreservierung. Kurz nach Abfahrt taucht die Bahn in den Tunnel ein. Die verbleibenden Kilometer bis zur Endstation verlaufen unterirdisch.

«Eismeer, fünf Minuten Halt», ruft der Zugbegleiter und sorgt dafür, dass sich die Fahrgäste vom Zug zur verglasten Aussichtsplattform begeben. Die Aussicht auf den Gletscher und das ewige Eis ist atemberaubend. Bei meiner ersten Fahrt gab es noch zwei Stopps. Der Aussichtshalt in der Eigerwand wurde zugunsten einer kürzeren Fahrzeit 2016 gestrichen. Für die vielen asiatischen Besucher muss es schnell gehen. Eine halbe Stunde brauchst du vom Eigergletscher bis zum höchst gelegenen Bahnhof Europas auf 3’454 Metern. Oben angekommen ist es schwer zu glauben, dass man soeben durch Eiger und Mönch gefahren ist.

Der Bau der Bahn Ende des 19. Jahrhunderts war eine Pionierleistung. Der Schweizer Adolf Gyer-Zeller schaffte es, seine Vision in die Tat umzusetzen. Nach 16 Jahren Bauzeit konnte dieser Streckenabschnitt eröffnet werden. Damals waren es überwiegend Italiener, die hier im Tunnelbau schufteten. Viele Arbeiter kamen dabei ums Leben. Aus wirtschaftlichen Gründen wäre ein solches Unterfangen heute undenkbar.

Eine ausführliche Beschreibung der Anreise mit der Bahn im Sommer findest du bei Reisen und Essen.

Top of Europe, zwischen Welterbe und Disney-Land

Der Slogan «Top of Europe» ist marketingtechnisch gut gewählt. Wir alle wissen jedoch, dass der höchste Punkte Europas nicht im Berner Oberland zu finden ist. Wenn wir den Kaukasus, z.B. den Kasbek, einmal außen vor lassen, ist und bleibt der Mont Blanc immer noch der höchste Berg Europas. Die höchstgelegene Bergbahnstation Europas liegt am Klein Matterhorn (3’883 m). Am Aiguille du Midi in Chamonix war ich vor zwei Jahren beim Zwischenhalt auf dem Weg in den Luberon ebenfalls 400 Meter höher als hier. Außerdem bedeutet «Top of Europe» nicht, dass du auf einem Gipfel bist, vielmehr handelt es sich um eine Senke zwischen Mönch und Jungfrau.

Nur wenige Berge sind so gut vermarktet.

Der Berg ist eine Welt für sich. Wenn du nicht möchtest, musst du nicht einmal ins Freie gehen. Schon bei der Buchung lautet die Empfehlung zwei Stunden hier oben einzuplanen. Damit des nicht langweilig wird, gibt es eine Bandbreite von Aktivitäten. Die Highlights auf dem Rundgang, durch den der Besucherstrom gelotst wird, sind:

  • Alpine Sensation
  • Spinx
  • Jungfraujoch Plateau
  • Eispalast
  • Shops und Restaurants
  • Aussichtspunkt Aletschgletscher und Snow Fun Park
  • Mönchjochhütte (in den Wintermonaten und bei ungünstigen Wetterverhältnissen geschlossen)

Alpine Sensation und Eispalast

Mehr als 200 leuchtende Edelweißblüten, eine überdimensionierte Schneekugel mit Jodlern, Gämsen, Mini-Seilbahnen und Eisenbahnen, daneben Holzskulpturen und romantische Gemälde, die die Anfänge des Tourismus und die Geschichte der Jungfraubahn zeigen, sind nur einige Dinge, die es auf dem Erlebnisrundgang zu sehen gibt. Wobei Rundgang untertrieben ist. Der unsportliche Tourist kann auf Rollbändern und Rolltreppen durch den Fels gleiten. Das alles ist so kitschig, dass es fast nicht zu ertragen ist.

Wesentlich mehr als die Alpine Sensation beeindruckt mich der Eispalast. In den 1930er-Jahren haben Bergführer in mühevoller Handarbeit ein Labyrinth in den Berg gehauen. Der Rundgang ist spiegelglatt und frostig. Es gibt viele detailgetreue Eisskulpturen zu bewundern. Beim Gang durch den Eispalast befinden sich bis zu 30 Meter Eis über dir. Und weil sich der Gletscher ständig bewegt, müssen viele Gänge neu angelegt werden. Wegen der Körperwärme der vielen Besucher muss die Umgebung auf -3° C gekühlt werden.

Neben den Eisskulpturen wirst du einige weitere witzige Details entdecken. Da ist z.B. Scrat, das Säbelzahneichhörnchen aus Ice Age, das gerade die kostbare Eichel umklammert oder drei Fässer Whisky der Brauerei Rugenbräu, die hier reifen.

Sphinx und Jungfraujoch Plateau

Die Sphinx-Terrasse bietet genau das, warum die meisten den langen und teuren Weg auf sich nehmen: eine atemberaubende Aussicht über den Aletschgletscher, den längsten Gletscher der Alpen, bis hin ins Wallis. Du siehst die Jungfrau und auf der anderen Seite nach Interlaken, bei guter Sicht sogar ins Mittelland bis hin zu den Vogesen. Das Gebäude beherbergt – wie unschwer an der Kuppe zu erkennen – eine Forschungsstation.

Am Plateau weht die Schweizer Fahne. Es handelt sich um eine Aussichtsplattform, die du nicht auslassen solltest. Dabei bietet sich ein guter Ausblick auf die Gebäude, die teilweise in den Berg hineingebaut sind.

Shops, Restaurants, Snow Fun Park und andere Events in luftiger Höhe

Was wäre ein Ausflug ins Berner Oberland ohne das passende Souvenir? Dort, wo internationale Touristen unterwegs sind, sind Uhren- und Schokoladengeschäfte nicht weit. Schokolade kaufst du hier im Lindt Swiss Chocolate Heaven, dem hochstgelegenen Lindt Shop der Welt. Markenbotschafter Roger Federer lässt grüßen. Der war übrigens auch schon «Top of Europe» und hat hier gegen Lindsey Vonn Tennis gespielt.

Ganze fünf Restaurants sorgen in Nicht-Corona-Zeiten für das leibliche Wohl. Im Restaurant Bollywood sind sogar indische Köche für das leibliche Wohl der Gäste verantwortlich. Seit 1998 erhalten die koreanischen Individualreisenden die Nudelsuppe eines koreanischen Suppenherstellers. Im April 2021 gibt es außer fettigen Friteusen-Gerichten und Sandwiches nichts, was schmecken würde. Die Aussicht, irgendwo im ungemütlichen Treppenhaus etwas Ungesundes zu verspeisen, veranlasst uns zu einem Planwechsel.

Für Touristen, die zuvor noch keinen Schnee gesehen haben, ist der Aufenthalt ein besonderes Erlebnis von bleibender Erinnerung. Deshalb hat man Möglichkeiten geschaffen, sich sportlich zu betätigen. Leider ist die Wanderung zur Mönchjochshütte nicht immer begehbar. Abseits der Massen hätte ich mich hier oben am Aletschgletscher am wohlsten gefühlt.

Roger Federer habe ich schon erwähnt. Die Jungfraubahnen haben in den letzten Jahren viele andere Events mit weltbekannten Stars hoch oben am Berg durchgeführt. Die Schweizer Fußball-Nationalmannschaft machte den Anstoß zur Europameisterschaft 2008, indische Cricket-Spieler demonstrierten ihr Können, die Klitschko-Brüder absolvierten einen Boxkampf, es wurde Baketball, Handball oder Golf gespielt und gesprintet.

Kleine Scheidegg und Fazit

Bei prächtigem Wetter beschließen wir, auf der Rückfahrt einen Abstecher auf die Kleine Scheidegg zu machen. Statt der schnellen Variante mit dem Eiger Express bevorzugen wir die gemütliche Zugfahrt hinunter nach Grindelwald. Die Nostalgie darf nicht zu kurz kommen. Auf der Kleinen Scheidegg, da wo die Zahnradbahnen von Wengen und Grindelwald zusammentreffen, mitten im Skigebiet mit Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungrau herrscht eine ganz besondere Atmosphäre.

Zwar müssen wir uns hier ebenfalls mit dem Take-Away-Angebot begnügen, aber es ist warm und wir können draußen sitzen und die warme Aprilsonne genießen. Da schmeckt es gleich noch einmal besser. Zum Abschluss des grandiosen Tages gönnen wir uns in Grindelwald Grund einen Kaffee mit Baileys.

Dass der CEO der Bergbahnen, Urs Kessler, nach einem Höher, Schneller und Weiter strebt, ist irgendwie nachvollziehbar. Bei mir hinterlässt die stark forcierte touristische Erschließung ein Wechselbad der Gefühle. Zwischen modernsten Transportanlagen und Alpenkitsch geht trotz geringerer Besucherzahlen in der Saison 2020/21 etwas verloren. Der Berg, die Kleine Scheidegg und Grindelwald sind so sehr kommerzialisiert, dass ich dabei etwas vermisse. Qualität statt Quantität lässt sich mit betriebswirtschaftlichen Zielen jedoch schlecht vereinbaren.

Jungfraujoch: Wetterstation und Sphinx Gebäude
Jungfrau – Top of Europe

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

4 Gedanken zu „Jungfraujoch «Top of Europe» mit Eiger Express und Jungfraubahn“

  1. Liebe Carola,
    ein wunderschöner Bericht. Dieser Ausflug ist schon seit vielen Jahren auf unserer Liste. Wie du es schreibst, ist es kein preiswertes Vergnügen. Wir würden trotzdem gern einmal hinauffahren, jedoch muss dann auch noch dazu das Wetter passen. Schließlich wollen wir dann auch schöne Motive einfangen und nicht in den Wolken stehen. Vielleicht wird es noch. Gerade wenn jetzt weniger Ansturm ist.
    Herzliche Grüße
    Thomas

    Antworten
    • Lieber Thomas

      Dann drücke ich dir die Daumen, dass es klappt. Das Gesamtpaket ist wirklich toll. Und mit dem Jungfrau Travel Pass gibt es zurzeit einigermaßen attraktive Angebote.

      Grüße aus der Schweiz
      Carola

      Antworten
  2. Liebe Carola,

    ich war 2008 mal auf dem Jungfraujoch und fand es damals schon einen ausgeprägten Alpenzirkus. In meiner Erinnerung sind die indischen und japanischen Touristengruppen, die mit Seidenschläppchen auf dem Eis herumrutschten fast präsenter als der Anblick des Aletschgletschers. Es wäre auf jeden Fall mal interessant, das jetzt ohne asiatische Touristen zu erleben.

    Liebe Grüße
    Angela

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    • Es war ein Merkmal des Tourismus in der Schweiz, dass sich die Reisegruppen zu stark auf einige wenige Orte konzentrierten: Luzern, Titlis, Interlaken (finde ich persönlich hässlich), Lauterbrunnen, Genf oder das Jungfraujoch. Auf meiner Strecke zur Arbeit war ich immer extrem genervt von den überfüllten Zügen (auch in der 1. Klasse) und den chinesischen Gruppen, die die in unseren Breiten üblichen Anstandsregeln oftmals vermissen lassen. Für die Zentralbahn war es wichtig, dass Reisende, die von Luzern über den Brünig fuhren, einen Sitzplatz haben. Um die Pendler, die Besitzer von Streckenabos oder GA, hat man sich wenig gekümmert – die können gerne auf langsamere Verbindungen ausweichen. Schließlich brachten die Touristen in der Regel mehr Geld. Jetzt durch Luzern zu spazieren, ist eine Wohltat. Am Jungfraujoch sind zwar auch in der Saison 20/21 aufgrund der günstigen Angebote viele Leute unterwegs, aber es ist natürlich bei Weitem nicht so überlaufen wie sonst. Und die Landschaft ist einzigartig!

      Liebe Grüße
      Carola

      Antworten

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