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Grimentz, Moosalp und Saas Fee: drei Tage und drei Entdeckungen im Wallis

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Etwa 90 Kilometer Luftlinie sind es von meinem Wohnort aus in die kleine Walliser Gemeinde Grimentz. Fast dreimal so viel sind es bei der Anreise mit dem Auto. Denn das Wallis, der drittgrößte Kanton der Schweiz im Südwesten des Landes, ist geprägt durch die höchsten oder mächtigsten Gipfel und Bergmassive der Alpen. Mehr als 40 Viertausender gibt es in der Region. Obwohl die Schweiz mit gigantischen Tunnelsystemen durchlöchert ist wie Schweizer Käse, sind nicht alle Gegenden ganz einfach oder schnell zu erreichen.

Ich staune jedes Mal aufs Neue darüber, dass im Wallis selbst entlegenste Regionen besiedelt sind. Wie Adlerhorste liegen die verstreuten Häuser, Weiler und Dörfer in der steilen Berglandschaft, hoch über dem Talboden. Noch eindrücklicher ist, dass diese Dörfer durch Straßen erschlossen sind. Die sind teilweise besser ausgebaut, als man vermuten möchte. Streckenweise sind sie aber auch sehr eng und abenteuerlich, schlängeln sich kurven- und serpentinenreich bergauf und bergab.

Nach der anstrengenden und langen Anreise locken das warme und trockene Klima mit mehr als 2000 Sonnenstunden pro Jahr, unberührte Natur, Thermalquellen, Bilderbuchdörfer, kulinarische Spezialitäten und freundliche Menschen.

Im Wallis gibt es unzählige hübsche Dörfer und Regionen. In diesem Artikel stelle ich mit Grimentz, der Moosalpregion und Saas Fee drei Highlights für ein Wochenende im Wallis vor.

Grimentz im Val d’Anniviers

Nach Regen und leichtem Schneefall am Grimsel begleitet mich auf der Fahrt durchs Goms bereits wieder die Sonne. Zwischen Visp und Siders klettert das Thermometer bei heftigem Föhnwind über 25° Celsius. Bei Siders zweige ich ab ins Val d‘ Anniviers und folge der Straße bis Vissoie. Die Aussicht hier ist spektakulär. Von Vissoie bis zu meinem Ziel sind es nochmals etwa sieben Kilometer und 400 Höhenmeter.

Grimentz gilt als eines der schönsten Dörfer der Schweiz.

Der alte Dorfkern von Grimentz ist einzigartig und wahrlich sehenswert. Die sonnenverbrannten Walliser Blockbauten und die typischen Speicher mit Mäuseplatten sind erstaunlich gut erhalten, blitzsauber und noch bewohnt. Die vielen roten Geranien, die die Balkone zieren, sind heute ein Markenzeichen des Dorfes. Aber auch sonst sind die Häuser liebevoll mit alten landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten aus Holz, Schlitten, Skiern, Körben, Kesseln oder Glocken geschmückt. Unglaublich, wie detailverliebt hier alle sind. Typisch für das Val d‘ Anniviers befindet sich in Grimentz auch eine alte Mühle und einige hübsche Brunnen zieren das Dorf.

So fühlt man sich in Grimentz im wahrsten Sinne des Wortes wie in einer Postkarte oder einem Freilichtmuseum. Heute weiß ich es besser, aber früher hätte ich mir genau in so einem Dorf Johanna Spyris Heidi vorgestellt – die perfekte Schweiz-Idylle eben. Wobei das Leben in den Bergen zu dieser Zeit sicherlich nicht so romantisch war. Das würde schon an Idealisierung und Klischee grenzen. Moderne Bauten und leider auch etliche Bausünden findet man erst außerhalb des autofreien alten Dorfzentrums.

Jetzt Mitte Juni kann man die Besucher, die durch das Dorf spazieren noch an einer Hand abzählen. Von ausländischen Touristen, die es auch sonst kaum hierher verschlägt, ist im Corona-Sommer 2020 nichts zu sehen. Vielleicht sind Grimentz und das Val d‘ Anniviers auch einfach zu abgelegen. Viele Läden und Restaurants sind noch geschlossen. Dafür kann man ungestört fotografieren und die Ruhe genießen. In den Genuss des legendären Gletscherweins komme ich allerdings auch nicht. Im Winter findet man hier mit Grimentz-Zinal übrigens ein kleines, aber feines Skigebiet.

Übernachten im Hotel Mélèze

Das Mélèze ist ein kleines charmantes Hotel direkt neben dem rauschenden Bergbach, der auch die Mühle antreibt. Das Hotel hat nur fünf Zimmer, die 2016 renoviert wurden und ausgesprochen sauber sind. Die Gastgeber kümmern sich persönlich um die Gäste. Das Frühstück basiert auf lokalen Zutaten, wie Käse von der Alp Moiry und selbst gemachten Konfitüren. Bei warmen Wetter und Sonnenschein kann ich es sogar auf der Terrasse einnehmen. Alles wird am Tisch serviert. Ob das nur unter den Covid-19-Vorgaben so gehandhabt wird oder immer so ist, kann ich nicht beurteilen.

Auch das Restaurant Mélèze ist zu empfehlen. Es ist einfach und urig eingerichtet, in der Mitte mit einem Holzkohlengrill. Auf der Karte finden sich vor allem Fleischgerichte und Walliser Spezialitäten. Es ist aber auch für Vegetarier etwas dabei.

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Wanderung rund um den Lac de Moiry

Die Route um den Stausee ist der Wanderklassiker in der Region. Vom Ortsende aus führt die Straße hinauf auf 2250 Meter zum Lac de Moiry. Unterwegs hat man kurz das Gefühl, dass die Straße direkt an der Staumauer endet. Sie führt aber weiter durch einen Tunnel zum Parkplatz. Hier an der Staudammkrone startet die sogenannte «Tour du Lac 2500». Die Rundwanderung dauert etwa viereinhalb Stunden. Dabei sind etwas mehr als dreizehn Kilometer und 660 Höhenmeter zu überwinden. Man kann die Wanderung im oder gegen den Uhrzeigersinn in Angriff nehmen.

Die Ehringerkühe, die hier den Sommer verbringen, sind noch nicht auf der Alm. Ansonsten ist die Wanderung wunderschön und sehr aussichtsreich. Am anderen Ende des Stausees passiert man den Lac de Châteaupré, einen ebenfalls türkisfarbenen Gletschersee, der von der Gougra und dem Gletscherwasser des Moiry-Gletschers gespeist wird. Wer weniger Zeit hat, oder nicht so gut zu Fuß ist, kann die Wanderung auch abkürzen. Denn bis zum Lac de Châteaupré führt eine Straße. Bis hierhin kann man sogar mit dem Postauto (Postbus) fahren. Auch einige Radfahrer sind unterwegs.

Wanderungen und Erkundungen in der Region Moosalp

Am zweiten Tag geht es für mich erst einmal wieder den ganzen Weg zurück bis ins Rhonetal und kurz vor Visp hinauf nach Bürchen. Der kleine Ort liegt sonnenverwöhnt auf einer Terrasse am Fuße der Moosalp. Auf der gegenüberliegenden Talseite befindet sich die Lötschberger-Südrampe. Hier im Oberwallis wird wieder Wallisertiitsch gesprochen. Wallisertitsch ist nicht einfach nur ein Schweizer Dialekt. Vielmehr handelt sich dabei um eine eigene Sprache aus dem Höchstalemannischen. Viele Schweizerinnen und Schweizer beschweren sich gerne, dass Wallisertitsch kaum zu verstehen ist. Mir als Österreicherin ist dies oftmals sogar leichter gefallen, als bei diversen Innerschweizer Dialekten.

Die Moosalp ist ein beliebtes Wandergebiet. Ähnlich wie beim Langis in Obwalden handelt es sich hier um eine Hochmoorlandschaft. Leider bleibt mir für ausgiebige Wanderungen wie auf das Augstbordhorn keine Zeit. Die kommende Nacht werde ich in Saas Fee verbringen und ein Wetterumschwung mit Regen und einem Temperatursturz kündigt sich auch an. Vorerst ist es aber einfach nur heiß.

Ich starte meine kleine Tour am Parkplatz Bürchneralp. Von hier aus geht es zuerst hinunter Richtung Breitenmatte und den Breitmattsee. Durch den lichten Lärchen- und Arvenwald setze ich meinen Weg fort zum Naturschutzgebiet Bonigersee. Diesen kann man sogar umrunden. Natürlich lasse ich mir den Aussichtspunkt Stand nicht entgehen. Dabei handelt sich um ein Hochplateau mit einzigartigem Panoramablick auf das ganze Oberwallis und zwölf Viertausender. Von hier aus geht es zurück auf die Moosalp.

Dort empfehle ich übrigens eine Einkehr im Bergrestaurant Moosalp. Typisch Wallis gibt es hier an einem Ort, wo man es eigentlich nicht vermutet, eine wunderschöne Sonnenterrasse und ausgezeichnete Küche. Und weil sie angeblich beinahe weltbekannt ist, sollest du hier die Moosalp-Cremeschnitte probieren.

Auf Outdooractive findest du viele verschiedene Touren auf der Moosalp.

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Törbel

Nach dieser Stärkung fahre ich hinunter nach Törbel. Das typische Walliser Bergdorf liegt am sonnigen Südhang des Vispertals. So wie Grimentz hat es einen geschlossenen Dorfkern mit den traditionellen sonnenverbrannten Häusern. Törbel wirkt jedoch rauer und weniger niedlich. Das Dorf ist wunderbar unverfälscht, mit einer geschlossenen Bauweise und wirklich engen Gassen. Imposant ist vor allem der Blick 1500 Metern hinein und hinunter ins Vispertal.

Der Verein Urchigs Terbil hat sich der Pflege historischer Gebäude im Bergdorf Törbel angenommen. Weinpresse, Backstube, eine wasserbetriebenen Mühle oder eine Gattersäge können besichtigt werden. Leider sind zurzeit keine Rundgänge möglich, weil die Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden können. Aber auch bei einem individuellen Besuch bekommt man einen guten Eindruck vom Dorf.

Die Straße hinunter nach Stalden ist ziemlich spektakulär und verläuft in engen Serpentinen. Wenn plötzlich das Postauto, das in der Schweiz praktisch überallhin fährt, vor einem auftaucht, kann es schon einmal abenteuerlich werden. Dann heißt es nämlich rückwärtsfahren, obwohl es neben oder hinter dem Auto mehrere hundert Meter nach unten geht. Da ist Millimeterarbeit gefragt. Den unfreiwilligen Stopp nutze ich dann gleich noch, um ein Foto vom Vispertal zu machen.

Saas Fee in der Zwischensaison

Am späteren Nachmittag erreiche ich das autofreie Dorf Saas Fee. Nachdem ich nun schon mehrmals in Zermatt war, möchte ich diesmal endlich auch Saas Fee kennenlernen. Es ist Zwischensaison und in Saas Fee herrscht ziemlich tote Hose. Bis Ende Juni sind die meisten Bergbahnen nicht in Betrieb und einige Hoteliers haben sich nach dem Lockdown im März wohl dazu entschieden die Sommersaison aufgrund Corona ganz ausfallen zu lassen oder nötige Umbauarbeiten in Angriff zu nehmen.

Insgesamt täten Saas Fee ein bisschen mehr Liebe zum Detail und diverse Investitionen ganz gut. Winterskiorte versprühen im Sommer ja selten viel Charme. Besonders schockiert von dieser Hässlichkeit war ich vor einigen Jahren in Arosa. Lenzerheide ist da nicht viel besser. Auch Saas Fee wirkt auf mich eher bedrückend. Vielleicht liegt es auch einfach nur am trüben Wetter. Doch die Tatsache, dass hier die Zeit in den 50er- oder 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts stehen geblieben ist, irritiert. Viele Gebäude und Unterkünfte sind etwas heruntergekommen und bräuchten dringend eine Verjüngungskur.

In den letzten Sonnenstrahlen mache ich noch einen ausgiebigen Dorfrundgang. Abseits der Hauptstraße trifft man auf ein paar schöne und traditionelle Gebäude. Etwas vom Schönsten in Saas Fee sind für mich definitiv die alten Holzspeicher beim Dorfeingang.

An meinem zweiten Tag in Saas Fee macht mir das Wetter leider einen Strich durch die Rechnung. Es ist nass und die Wolken hängen tief. An ausgiebige Bergtouren ist nicht zu denken. Deshalb entscheide ich mich für die kurze Wanderung auf die Hannig. Oben liegt leider alles im Nebel und von der prächtigen Aussicht ist nicht viel zu sehen. Dafür kann ich die Ziegen auf der Alp Hannig ausgiebig beobachten.

Wellnesshostel 4000

Von den wenigen geöffneten Unterkünften wähle ich das Wellnesshostel 4000. Ich war schon lange nicht mehr in einer Jugendherberge. Da ich aber auch nicht 300 Franken für einen Nacht ausgeben will und dieses Haus sogar über einen Wellnessbereich verfügt, könnte das eine ganz gute Alternative sein. Das Privatzimmer liegt dort inklusive Frühstück und Eintritt zu Fitness, Hallenbad und Wellness zu dieser Jahreszeit bei etwa CHF 100.00. Dass man das Bett selbst abziehen muss, gehört in einer Jugendherberge mit dazu.

Die Zimmer im Wellnesshostel Saas Fee sind modern, aber einfach gestaltet und verfügen über keinen Fernseher. Als sehr minderwertig empfinde ich die Matratzen. Auf der billigen Schaumstoffunterlage ist es alles andere als bequem. Dafür ist der Wellnessbereich sehr großzügig und stilvoll gestaltet. Durch die großen Fensterfronten hat man einen herrlichen Blick in die Bergwelt. Zur Hauptsaison könnte es hier ziemlich eng werden. Aktuell ist die Anzahl der Personen in den Saunen begrenzt, was sehr angenehm ist. Im Hot Tub scheinen sich die Gäste nicht um Social Distancing zu kümmern und sitzen auch in gemischten Gruppen dicht an dicht im sprudelnden Wasser.

Das Essen in der Jugendherberge würde ich nicht unbedingt empfehlen. Es ist für Saas Fee zwar unschlagbar günstig, dafür aber auch billig. Während meines Aufenthaltes gibt es frischen Salat vom Buffet, der durchaus gut ist. Für die Pasta zum Hauptgang kann man aus drei verschiedenen Saucen (Tomate für Vegetarier) wählen. Dabei beobachte ich, dass die Carbonara lieblos geschnittene Stücke von undefinierbarem Pressschinken enthält. Die Aprikosenschnitte zum Nachtisch ist ein Schaumgebilde aus Industrie-Bisquit.

Natürlich wird hier überwiegend für Familien gekocht, sodass die Menüs kindertauglich sein müssen. Ein bisschen mehr Qualität und Rafinesse würde aber nicht schaden. Unsere Mensa zaubert wesentlich bessere und ausgewogenere Gerichte zu einem günstigeren Preis. Das Frühstück ist allerdings in Ordnung und enthält viele frische Produkte, einfach ohne Eierspeisen.

Das Personal in der Jugendherberge ist sehr freundlich und stets um das Wohl der Gäste besorgt. Was mich irritiert, ist dass die Schutzkonzepte oder Empfehlungen des BAG und der HotellerieSuisse für das Gastgewerbe hier nicht umgesetzt werden. Während jedes Hotel auf Frühstücksbüffet verzichtet, steht man in der Jugendherberge ohne Einhalten des Mindestabstands in der Schlange am Büffet und bedient sich selbst.

Kulinarische Mitbringsel aus dem Wallis

Auf dem Heimweg kann ich es nicht lassen, mich mit Köstlichkeiten aus dem Wallis einzudecken. Das gehört zu jedem Ausflug mit dazu. Je nach Jahreszeit und Region bringe ich Folgendes mit:

  • Walliser Roggenbrot (am liebsten mit Nuss)
  • frische Walliser Aprikosen (gibt es an Ständen direkt neben der Straße)
  • tiefgefrorene Gommer Cholera von Maya
  • Käsespezialitäten aus einer der besuchten Ortschaften
  • Heida von der St. Jodern Kellerei in Visperterminen

Am Grimsel regnet es übrigens mal wieder …

Dorfkern von Grimentz im Wallis
Grimetz, Moosalp und Saas Fee

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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© TRAVELLINGCAROLA

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