Liebe geht bekanntlich durch den Magen – auch im Urlaub. Nicht immer, aber ganz oft hat meine Liebe, Vorliebe oder Begeisterung für eine Region mit den dazugehörigen Länderküchen zu tun. Das Essen auf Madeira hält da ein paar Überraschungen bereit. Die kleine Insel hat erstaunlich viele einzigartige Spezialitäten hervorgebracht – sowohl am Teller als auch im Glas. So ist es nicht verwunderlich, dass die Madeirenser das Essen zelebrieren und das Beisammensein in gemütlicher Runde genießen.
Die Küche der Blumeninsel ist geprägt von Fleisch- und Fischgerichten. Vegetarier oder Veganer haben es nicht leicht. Selbst am Hotelbuffet sind vegetarische Optionen rar. Außer Salat und Gemüsesuppe gibt es wie so oft in Portugal wenig Alternativen. Dennoch ist es spannend zu sehen, dass sich die traditionelle Küche bisweilen deutlich von den landesüblichen Gerichten auf dem portugiesischen Festland unterscheidet.
Essen auf Madeira
Fisch und Meeresfrüchte und Fleisch
Espada (schwarzer Degenfisch)
Du möchtest im Urlaub auf Madeira etwas ganz Typisches essen? Dann solltest du Espada probieren. Der schlangenförmige schwarze Degenfisch lebt im Nordatlantik, unter anderem vor Madeira, in einer Tiefe bis 1’700 Meter. Gefangen wird er mit Angeln und entsprechend langen Leinen. Diese selektive Fangmethode ist ziemlich aufwändig. Dafür wird kein Beifang produziert, so wie das zum Beispiel mit Schleppnetzen der Fall ist. Die Fischer fahren vor Sonnenuntergang hinaus und gehen sozusagen auf Jagd, wenn diese Raubfische selbst auf Nahrungssuche sind.
Weniger schön ist die Tatssache, dass der eigentlich kupferfarbene Degenfisch durch den Druckunterschied bis zum Erreichen der Oberfläche stirbt. Dabei verändert er seine Farbe, wird schwarz und seine Augen und Kiemen platzen regelrecht. Wenn er so am Markt in Funchal liegt, wirkt er ziemlich gruselig und wenig appetitlich. Auf dem Teller sieht das wieder anders aus. Der Espada ist butterweich, zart und saftig.
Wenn du Fisch magst, solltest du bei einem Besuch auf der Insel unbedingt Degenfisch probieren. Wegen der Schwermetallbelastung empfiehlt es sich jedoch, dieses Gericht nicht zu oft zu essen. Serviert wird der Espada traditionell mit gebratenen Bananen. Bananen gibt es schließlich genug auf Madeira. Die Kombination aus Süßem und Salzigem muss man mögen. Ich persönlich kann mich weder für Ananas auf Pizza, die Kombination «Süß-Sauer» in asiatischen Gerichten oder Mango in der Suppe noch für Bananen auf Degenfisch begeistern. Häufig wird der Espada in Restaurants paniert oder gegrillt angeboten.
Bacalhau
Das portugiesische Nationalgericht darf in einer Aufstellung zum Essen auf Madeira nicht fehlen. Kabeljau gehört zu den wichtigsten Speisefischen weltweit und ist untrennbar mit der Küche Portugal und Madeiras verbunden. In Norwegen, zum Beispiel auf den Lofoten, hängen sie zu Tausenden auf Holzgestellen zum Trocknen. Schon früh haben Seefahrer wie die Wikinger auf ihren langen Schiffsreisen konservierten Fisch mitgeführt. Weil es damals keine Kühlmöglichkeiten gab, hat man den Fisch an der Luft getrocknet (Stockfisch) oder durch Einsalzen und Trocknen auf den Klippen (Klippfisch) haltbar gemacht.
Beim portugiesischen Bacalhau handelt es sich um einen Klippfisch. Portugiesische Fischer übernahmen die Technik der Haltbarmachung mithilfe von Salz aus dem spanischen Baskenland. Der getrocknete Fisch hat auf der Atlantikinsel eine lange Tradition. Und obwohl es heute Kühlschränke und Gefriertruhen gibt, hält man an dieser Konservierungsmethode fest. Durch das Salzen und Trocknen verändern sich sowohl Geschmack als auch Konsistenz des Fischfleisches. Vor der Zubereitung muss der getrocknete und zähe Bcalhau 24 bis 48 Stunden gewässert werden. Dadurch sinkt der Salzgehalt wieder und der Fisch ist danach weich und bereit gegessen zu werden.
Auf Madeira wird Bacalhau importiert. Kabeljau liebt kalte Gewässer, die Meere rund um die Insel gehören nicht direkt zu seinem Lebensraum. Er kommt in den unterschiedlichsten Varianten auf den Tisch, als gegrilltes Filet oder als Auflauf mit Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch, gewürzt mit Lorbeer. Bekannt und bei Einheimischen beliebt, ist das Restaurante Solar dos Prazeres, wo der Bacalhau in großen Stücken auf den Holzkohlengrill kommt. Dazu gibt es eine riesige Auswahl an Beilagen.
Lapas (Napfschnecken)
Lapas gehören zu den typischen Spezialitäten der atlantischen Inseln. Auch auf den Azoren und den kanarischen Inseln landen sie am Teller oder besser gesagt im Pfännchen. Was aussieht wie eine Muschel, ist genau genommen eine Schnecke, die Napfschnecke. Lapas leben an algenreichen Felsküsten, wo sie «geerntet» werden. Es bestehen Schonzeiten und Gewichtsbeschränkungen für den Fang. Ich bezweifle, dass sich alle daran halten.
Auf Madeira serviert man Lapas meist als Vorspeise. Sie sind ein sehr einfaches Gericht. Lapas werden in einer gusseisernen Pfanne kurz angebraten und mit Knoblauchbutter und Kräutern übergossen. Dazu bekommst du reichlich Zitrone. So wie Austern beträufelst du die Napfschnecken mit Zitronensaft und schlürfst sie am besten aus der Schale. Nicht umsonst haben Lapas den Namen kanarische Auster. Das Fleisch der Lapas ist sehr fest, manche beschreiben es als gummiartig. Und weil sie als Meeresfrüchte natürlich nach Meer schmecken, scheiden sich an ihnen die Geister.
Espetada: So wird Fleischgenuss auf Madeira zelebriert
Zugegeben, Espada und Espetada klingen für deutsche Ohren zum Verwechseln ähnlich. Beim Espetada handelt es sich jedoch um Fleisch, ziemlich viel Fleisch genau genommen. Wie du siehst, kommen Fleischliebhaber in Sachen Essen auf Madeira ebenfalls auf ihre Rechnung. Der Espetada ist ein Fleischspieß, der über Holzfeuer gegart wird. Es gibt ihn in den Varianten Rind, Kalb oder mit Hähnchen. Ursprünglich hat man die Fleischstücke auf einen Lorbeerstock gesteckt. Mittlerweile handelt es sich meist um bis zu einem Meter lange Metallstäbe.
Das Besondere am Espetada ist die Art, wie er an und auf den Tisch kommt. Nein, der wird nicht etwa langweilig auf einem Teller serviert. Es gibt dafür eigene Vorrichtungen, auf denen die Spieße senkrecht aufgehängt werden. Die sehen teilweise ziemlich gefährlich aus. Aber so kannst du die Fleischstücke direkt am Tisch einfach vom Spieß abziehen und essen. Gewürzt mit einer leckeren Marinade und vor allem mit Lorbeerblättern aus den heimischen Wäldern, soll alles besonders würzig und ausgesprochen schmackhaft sein.
In den typischen Espetada-Restaurants stehen nur die Variationen des Fleischspießes und sonst nichts auf der Karte. Pescetarier, Vegetarier oder Veganer haben es dort schwer. Sie müssen sich mit den zugegeben köstlichen Beilagen oder dem für Portugal typischen Ersatzgericht Omelette begnügen. Besonders ursprünglich geht es im Restaurante O Lagar Antiguidades bei Senhor Gabriel in Fajã Escura (in der Nähe von Curral das Freiras) zu. Das Lokal ist bekannt für seine Espetada mit Hühnchen.
Beilagen zu den madeirensischen Spezialitäten
Bolo do Caco
Ich werde nicht müde zu betonen, dass die einfachen Dinge oftmals am besten schmecken. Essen muss nicht zwangsläufig aus der Sterneküche kommen. Deshalb steht das fluffige Fladenbrot Bolo do Caco ganz oben auf meiner Liste der madeirensischen Spezialitäten. Das Brot wird aus Süßkartoffeln, Mehl, Wasser, Salz und Hefe hergestellt. Früher buk man es auf heißen Basaltsteinen, den Cacos. Mit einem Bolo, also einem Kuchen, hat es nicht viel zu tun. Bolo do Coco ist seit jeher ein wesentlicher Bestandteil der Küche Madeiras.
Fast überall bekommst du das Bolo do Caco mit Koblauch-Kräuterbutter als Vorspeise gereicht – ein Gedicht. Was das Essen auf Madeira anbelangt, ist es mein absoluter Favorit. Nach den Wanderungen habe ich mich immer gierig auf das warme Brot gestürzt und mir damit den Bauch vollgeschlagen. Wenn du danach etwas anderes genießen möchtest, empfehle ich dir, dich zurückzuhalten – selbst wenn es schwerfällt. Bolo do Caco sättigt sehr schnell. Zur Weihnachtszeit werden am Weihnachtsmarkt in Fuchal verschiedene frisch gebackene Varianten des Brots angeboten.
Milho frito
Typische Beilagen sind Kartoffeln und Süßkartoffeln. Die bekommst du eigentlich zu jedem Essen auf Madeira. Und dann sind da die Milhos fritos, frittierte Maiswürfel. Am ehesten kann man sie mit gebackener oder gebratener Polenta vergleichen. Im Originalrezept kommen Grünkohlblätter zum Maismehl. Ich habe sie aber nur mit Gewürzen wie Thymian gegessen. Die Masse aus Wasser, Knoblauch, Schmalz und Olivenöl muss zuerst in einer Form abkühlen. In Würfel oder Stäbchen geschnitten wird sie im Anschluss nochmals frittiert. Fett ist bekanntlich Geschmacksträger. Mich haben diese Mais-Pommes restlos überzeugt.
Madeiras exotischen¨ Früchtchen und Süßes
Neben den oben genannten Beilagen oder Vorspeisen, sind es vor allem die frischen Früchte, die mich begeistern. Zu meinen kulinarischen Highlights gehören insbesondere Maracuja, Cherymoya und die Monstera Deliciosa. Wenn du tropische oder exotische Früchte so gerne hast wie ich, bist du auf Madeira mit seinen ganz besonderen fruchtigen Spezialitäten genau richtig.
Maracuja und Passionsfrucht
Die Insel ist berühmt für seine Maracujas. Die wachsen hier in den verschiedensten Sorten und sogar mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen wie Zitrone oder Banane. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, die Unterschiede zwischen Passionsfrucht und Maracuja zu erläutern. Mir schmecken beide – am liebsten frisch und pur. Maracujas werden auf Madeira natürlich gerne weiterverarbeitet, zu Pudim de Marcuja, Limonade (Brisa) oder landen im Poncha de Maracuja.
Annona oder Cherimoya
Cherimoyas oder Zimtäpfel, wie sie auch genannt werden, zählen zu meinen liebsten Früchten überhaupt. Frisch vom Baum und im richtigen Reifegrad schmecken sie am besten. Hier kannst du die Frucht mit der grünen Schale, dem weißen Fruchtfleisch und den großen schwarzen Kernen überall kaufen. Das Auslöffeln ist ein Genuss! Annonas schmecken ein bisschen wie eine Mischung aus Banane, Ananas, Erdbeere und vielleicht auch Zimt.
Monstera Deliciosa oder Ananasbanane
Während Maracujas und Cherimoyas in unseren Supermärkten zu finden sind, ist die Monstera Deliciosa weitgehend unbekannt. Das gilt zumindest für die Frucht, die man essen kann. Als Zimmerpflanze ist sie sehr beliebt. Wenn du über den Mercado dos Lavradores in Funchal schlenderst, werden dir die Früchte sofort ins Auge stechen. Sie sind wirklich ungewöhnlich und sehen ein wenig aus wie grüne Tannenzapfen. Das Fruchtfleisch der Ananasbanane ist weiß und schmeckt ähnlich wie die Cherimoya. Achte darauf, dass du die Monstera Delicioas nur im reifen Zustand verzehrst, ansonsten sind sie giftig.
Bolo de Mel
Nachdem Madeira zu Portugal gehört, bekommst du hier überall die berühmten Patéis de Nata. Ich habe diese Puddingtörtchen schon in Macao verspeist und natürlich das Original in Belem (Pastel de Belém) probiert. Dabei stehe ich gar nicht so auf Süßes.
Typisch für die Insel – nach dem Essen, zum Kaffee oder zu einem Glas Madeirawein – ist der Bolo de Mel. Dieser Gewürz- oder Lebkuchen wird nicht nur zu Weihnachten gerne verspeist. Trotz seiner Bezeichnung «Honigkuchen» wird der Bolo de Mel mit Zuckerrohrsirup gesüßt, und das nicht zu wenig. Er ist ein beliebtes Mitbringsel und aufgrund seines hohen Zuckergehalts lange haltbar. Durch die Melasse bleibt er saftig und verziert mit den Mandeln und Nüssen sieht er besonders hübsch aus. Mein Favorit ist er nicht. Ich bevorzuge etwas Leichtes und Fruchtiges zum Dessert.
Getränke
Es gibt zwei Getränke, an denen du bei einem Urlaub auf Madeira nicht vorbeikommen wirst: der Fruchtcocktail Poncha und der berühmte Madeirawein.
Poncha
Der Poncha gilt als das National- oder Inselgetränk schlechthin. Dieser Cocktail besteht aus Aguardente (Zuckerrohrschnaps beziehungsweise Rum), Honig und frisch gepresstem Orangensaft. Daneben gibt es Varianten mit Mandarine oder Maracuja. Poncha bekommt man sozusagen überall zu trinken und die Madeirenser lieben ihn.
Ich empfehle ich dir, ihn in einer typischen Poncha-Bar zu trinken. Die Unterschiede sind frappant. Ein Poncha mit O-Saft aus der Tüte erinnert eher an billige Mixgetränke in Jugendzeiten und ist kein Genuss. Die älteste und urigste Poncha-Bar ist die Tasquinha da Poncha in Serra d’Agua oberhalb von Ribeira Brava. Ponchas werden hier frisch zubereitet und mit dem Caralhinho, dem hölzernen Poncha-Mixer, kräftig durchgerührt. Und weil so ein Poncha zu gut einem Drittel aus Rum besteht, ist das alles ziemlich hochprozentig. Mir haben im der Taberna da Poncha zwei Gläser gereicht.
Madeirawein
Madeirawein zählt zu den bekanntesten Spezialitäten der Insel. Wahrscheinlich machst du schnell mit dem Wein Bekanntschaft, weil er häufig als Begrüßungsgetränk serviert wird. Schon seit dem 15. Jahrhundert baut man auf der Insel Wein an. Bis heute ist der Madeirawein ein Exportschlager. Getrunken wird der Wein sowohl als Aperitif als auch als Digestif. Wobei man vor den Essen eher auf die trockenen Sorten zurückgreift, danach werden süße Weine gereicht. Ich persönlich bevorzuge halbtrockenen und trockenen Madeira.
Hergestellt wird der Madeirawein aus Rebsorten wie Sercial, Verdelho (typisch für die Insel Pico), Tinta oder Malvasia. Serical ist trocken, der Malvasia besonders lieblich. Wie bei anderen Likörweinen unterbricht man den Gärungsprozess und setzt dem Wein hochprozentigen Alkohol zu. Die ursprüngliche Herstellungsmethode (Canteiro), bei der der Wein in Holzfässern der Hitze ausgesetzt wurde und karamelisieren konnte, kommt aus wirtschaftlichen Gründen kaum noch zur Anwendung. Bei der Estufagem-Methode erfolgt die Erhitzung in Edelstahlbehältern. Im Anschluss werden die Weine oft jahrelang gelagert und dabei immer gehaltvoller und teurer.
Über Herstellung und Lagerung machst du dir am besten in einer der Kellereien wie Blandy’s in Funchal oder Henriques & Henriques in Camara de Lobos selbst ein Bild. Eine Kostprobe darf dabei natürlich nicht fehlen.
Und solltest du nach all den Schlemmereien im Urlaub Lust auf etwas Aktivität haben und vom vielen Essen auf Madeira noch nicht zu schwer sein, ist vielleicht ein Gleitschirmflug das Richtige für dich:
Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.
Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.