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Mirage Gstaad – Elevation 1049, ein Spaziergang zum Spiegelchalet

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Es ist eine ungewöhnliche und vergängliche Konstruktion, die da seit fast zwei Jahren die Gebirgslandschaft des Saanenlandes reflektiert und mit den wechselnden Jahreszeiten interagiert. Das Mirage Gstaad, ein Spiegelchalet mitten in der Natur, hat in dieser Zeit Tausende von Besuchern kommen und gehen gesehen, unzählige Influencer beim Posen für das perfekte Bild beobachtet, Kindern als Spielplatz gedient, Beulen und noch mehr fettige Hand- und Fingerabdrücke abbekommen.

Wenige Wochen, bevor das Kunstwerk in der Nähe von Gstaad für immer verschwinden wird, möchte ich es noch mit eigenen Augen sehen. Und wenn die Zentralschweiz unter einer dichten Nebeldecke verschwindet, lockt die Aussicht auf Sonne, einen gemütlichen Spaziergang und ein bisschen Kultur in der «Destination Gstaad».

Suchst du Inspiration für einen Ausflug zu einem außergewöhnliches Kunstobjekt am Panoramaweg Gstaad? Bis März 2021 kannst du das Mirage Gstaad in der Nähe von Schönried noch besuchen.

Elevation 1049 und das Spiegelhaus Mirage Gstaad

Ich muss gestehen, dass ich bisher noch nichts von Elevation 1049 gehört habe. Dabei handelt es sich sogar um eines der bedeutendsten Kunstfestivals der Welt. Das Festival wurde erstmals 2014 durchgeführt. Benannt ist es nach der Höhenlage Gstaads, also 1049 Meter über dem Meeresspiegel. Das Projekt zeigt Werke von internationalen Künstlern und Künstlerinnen, die überwiegend unter freiem Himmel in und um Gstaad präsentiert werden. Dabei handelt es sich vor allem um Live-Performances wie Nina Beiers «verwirrte Objekte», eine Choreografie mit Miniaturautos.

Elevation 1049 findet nun also zum dritten Mal im mondänen Schweizer Skiort Gstaad statt. Eröffnet wurde die Ausgabe «Frequencies» im Februar 2019, kuratiert von Neville Wakefield und Olympia Scarry. Das Mirage Gstaad, eine Außenskulptur des Künstlers Doug Aitken, ist Teil davon. Das vollständig mit Spiegeln bedeckte Haus stand ursprünglich einmal in der Sonara-Wüste im amerikanischen Palm-Springs, später in Detroit. Seit dem Winter 2019 ist das Mirage in Gstaad zu besichtigen. Nüssli, ein führender, weltweit tätiger Anbieter von temporären Bauten für Sport-, Kultur- und Business-Veranstaltungen, hat die Konstruktion realisiert.

Das Mirage Gstaad verschmilzt mit der Landschaft.

Und so spiegelt das Mirage Gstaad seither vor sich hin und interagiert mit Raum und Zeit. Jede Jahreszeit reflektiert sich unterschiedlich in den verglasten Wänden. Schließlich ist die Oberfläche des Hauses mit durchgehenden Spiegeln umhüllt. Das erweckt den Eindruck, als verschmelze das Chalet völlig mit der Umgebung.

Auch das Innere das Glashauses ist vollständig mit Spiegeln ausgekleidet, Fenster geben den Blick in die Natur frei. Damit hat man gleichzeitig ein kleines Spiegellabyrinth. Einzig am Boden sind Holzdielen verlegt. Jetzt nach fast zwei Jahren, ist der Boden schon ziemlich ausgetreten und die verspiegelten Wände sind alles andere als sauber. Der Faszination tut das aber keinen Abbruch.

Rund um das Haus ist ein Weg mit Hackschnitzeln ausgelegt und das Gelände ist mit Seilen «eingezäunt». Eigentlich sollte es sich von selbst verstehen, dass man diesen Bereich nicht verlässt und nicht im Weide- oder Grasland der angrenzenden landwirtschaftlichen Betriebe herumtrampelt. Nicht zuletzt, weil sich nicht alle Besucher daran halten, ist das Spiegelhaus bei vielen Anrainern nicht sonderlich beliebt. Leider entdecke ich bei einem der Eingänge auch zwei Glasflaschen, die wohl von einer nächtlichen Party übergeblieben sind. Ich werde nie verstehen, warum die Leute nicht lernen, ihren Abfall mitzunehmen und zu entsorgen.

Standort und Erreichbarkeit

Das Spiegelchalet steht am Panoramaweg zwischen Schönried und Gstaad und ist ausschließlich zu Fuß erreichbar. Die exakten Koordinaten sind 46°29‘53.4“N / 7°17‘11.1″E. Vom Parkplatz beim Bahnhof Schönried aus erreicht man es in 15–20 Minuten. Der Weg ist sogar kinderwagentauglich und führt überwiegend bergab. Die Installation ist deshalb schon von Weitem zu sehen. Die Location auf der kleinen Anhöhe mit Aussicht auf Gummenfluh und Rüblihorn wurde wirklich mit Bedacht gewählt.

Alles ist bestens ausgeschildert, sodass man das Kunstwerk gar nicht verfehlen kann. Das Gelände ist zu jeder Tages- und Nachzeit frei zugänglich, der Besuch im Spiegelhaus gratis. Wer will kann später von hier aus den Spaziergang noch hinunter bis Gstaad verlängern. Das dauert etwa eine Dreiviertelstunde. Für den Rückweg sind kleine Varianten denkbar oder du nimmst den Zug.

Gstaad Tourismus empfiehlt im Flyer zur Ausstellung außerdem noch den 15-minütigen Weg von der Haltestelle Gruben (Halt auf Verlangen) her.

Wanderweg von Schönried nach Gstaad

Der Begriff Wanderung ist für diese Strecke definitiv übertrieben. Aber es handelt sich um einen Spaziergang wie aus dem Bilderbuch, der viele Schweizer Klischees erfüllt. Wer nicht auf einen Parkplatz angewiesen ist, kann die Wanderung bereits in Saanenmöser starten und so noch ein bisschen verlängern.

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Fotografieren und beste Zeit für einen Besuch

Ich wähle für meinen Besuch das letzte Novemberwochenende. Im Laufe der Woche gab es den ersten Schneefall. Die Temperaturen klettern aber nochmals gegen zehn Grad und die Sonne wärmt. Die Jahreszeit bringt es mit sich, dass die Natur nicht mehr in leuchtenden und satten Farben erstrahlt. Viele Bäume sind kahl und die Wiesen sind alles andere als grün. Das macht aber nichts, denn das Bauwerk hat zu jeder Jahreszeit seinen Reiz.

In den Wänden des Mirage Gstaad spiegeln sich jegliche Regungen der Natur und sämtliche Details der Landschaft. Je nach Wetterlage, Tages- und Jahreszeit verändern sich die Reflexionen. Selbstverständlich sind dann nicht nur die umliegende Landschaft oder die Wolken am Himmel zu sehen, sondern auch Passanten und Wanderer, die beim Chalet Halt machen. Deshalb empfehle ich die Kunstinstallation nicht unbedingt zu Stoßzeiten zu besuchen. Ich habe leider keine andere Wahl, als das Spiegelhaus an einem schönen Sonntagnachmittag mit vielen anderen zu teilen. Da muss man schon eine ordentliche Portion Geduld mitbringen, weil einem ständig Leute ins Bild laufen oder eben Abstriche machen.

Wenn du das Mirage Gstaad fotografieren möchtest, wählst du für deinen Besuch am besten einen Wochentag. Ideal sind selbstverständlich die Morgen- oder Abendstunden, aber immer noch so, dass das Spiegelchalet von der Sonne angestrahlt wird. Mit der App Sun Surveyor kannst du Zeit und Ort des Sonnenauf- oder -untergangs exakt bestimmen.

Mich persönlich würde es reizen, im Winter nochmals beim Spiegelchalet vorbeizuschauen. In Schnee und Eis und umgeben von schneebedeckten Berggipfeln, muss es hier märchenhaft sein. Einen Abstecher zum Mirage Gstaad in einer klaren Vollmond- oder Sternennacht stelle ich mir ebenfalls wunderbar vor. Selbst wenn ich mich korrekt verhalte, verstehe ich den Ärger der Anwohner über Besucher, die z.B. ihren Müll liegen lassen, durch fremde Grundstücke trampeln oder einfach jeglichen Anstand vermissen lassen.

Umstrittene Kunst

In meinen vorhergehenden Zeilen klingt bereits durch, dass die Kunstinstallation nicht bei allen Einheimischen gerne gesehen ist. Die große Anzahl Schaulustiger macht den Anwohnern das Leben schwer. Zugeparkte Straßen und Einfahrten, Radfahrer und Mountainbiker, die sich auf den Wanderwegen tummeln, Touristen, die Obst von den Bäumen klauen und fehlende öffentliche Toiletten sorgen für rote Köpfe.

Der Anstand bleibt oft zu Hause.

Ruhige Wochenenden haben die Bewohner der Region seit Beginn von Elevation 1049 kaum noch gehabt. Insbesondere im Corona-Sommer 2020 war der Besucherandrang enorm. Viele sehnen deshalb das Ende und den Rückbau des Mirage Gstaad herbei. Vorerst wurde die Aktion aber noch bis März 2021 verlängert.

Wie du dir vorstellen kannst, sorgt dieses Aushängeschild der Region Gstaad auch sonst für einige Kontroversen. Ein Kunstwerk wie dieses spaltet die Gemüter. Die einen sind begeistert von der futuristischen Konstruktion und moderner Kunst, andere halten die Skulptur im Saanenland für völlig überflüssig und wittern eine Gefahr für Vögel. Mit diesen Vorurteilen hat zeitgenössische Kunst aber immer und überall zu kämpfen. Das ist kein Phänomen, das nur hier auftritt.

Als Attraktion und Fotomotiv finde ich das Mirage Gstaad durchaus spannend und es ist bestimmt einen Ausflug wert. Ich verstehe aber auch den Ärger der einheimischen Bevölkerung, die mit den negativen Auswirkungen leben mussten und noch müssen. Derartige Kunstinstallationen können begeistern. Die Frage ist, ob sie das in mehr oder weniger unberührter Landschaft tun müssen, wo es durchaus auch negative Auswirkungen gibt.

Gstaad

Genauso widersprüchlich wie dem Kunstobjekt kann man auch dem Ort Gstaad gegenüberstehen. Denn hier ist im Winter der internationale Jetset zu Hause. Es sind Namen von Promis wie Madonna, Roger Moore, Bernie Ecclestone, Tony Curtis, Gunter Sachs, Richard Burton oder Elizabeth Taylor, die man mit Gstaad in Verbindung bringt. Pelzmäntel, mit Hyaluron aufgespritzte Lippen und Champagner gehören zu Gstaad wie kitschige Holzchalets, die Nobelboutiquen à la Moncler, Prada, Dolce & Gabana, Hermès, Chopard, Louis Vuitton oder Cartier beherbergen.

An diesem Sonntagnachmittag flanieren viele Spaziergänger über die Promenade und genießen die Sonne. Vom oben erwähnten Glamour ist nicht allzu viel zu spüren, aber man kann ihn erahnen. Hoch über dem Ort thront schließlich das Hotel Palace und mit dem Alpina Gstaad gibt es gleich noch eine weitere schweiz- und weltweit bekannte Luxusherberge. Die Dichte an Fünf-Sterne-Hotels im Ort ist extrem hoch. Einige Hotels, unabhängig von ihren Sternen, verschandeln als Bausünden das Ortsbild.

Ich persönlich finde Gstaad alles andere als schön. Aber das hat es mit anderen Skiorten wie Zermatt, Saas Fee, Arosa oder St. Moritz im Engadin, dem zweiten so richtig mondänen Skiort der Schweiz, gemeinsam. Das Skigebiet hingegen ist genial. Und das ist und bleibt einer der Hauptgründe, warum ich mich für eine Destination entscheide. Vielleicht zieht es mich ja im Winter einmal zum Skifahren ins Saanenland.

Wand des Spiegelhauses Mirage Gstaad
Mirage Gstaad

Teilzeitnomadin Travellingcarola

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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