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Von der Engstlenalp entlang der Gadmer Dolomiten zur Tällihütte

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Langsam geht der verregnete Sommer über in einen hoffentlich goldenen Herbst. Der September ist perfekt zum Wandern und die Gadmer Dolomiten sind ein lohnendes Ziel für alle, die auf einer moderaten Tour ohne allzu viele Höhenmeter viel sehen und erleben möchten. Zumindest gilt das für die Wanderung von der Engstlenalp zum Berggasthaus Tälli am Fuße der Gadmer Dolomiten. Auch sonst sind die Wandermöglichkeiten an der Grenze zwischen den Kantonen Obwalden, Nidwalden und Bern vielfältig. Welch ein Glück, die Berge vor der Haustüre zu haben! Ohne lange Anreise bin ich mitten im Wander- oder im Winter im Skiparadies.

Suchst du eine Alternative zur bekannten 4-Seen-Wanderung von Melchsee-Frutt über den Engstlensee nach Engelberg? Dann könnte die Höhentour rund um die Gadmer Dolomiten das Richtige für dich sein. Von meinen Erfahrungen auf dieser Tour berichte ich im Beitrag.

Von der Engstlenalp zur Tällihütte

Engstlenalp

Die Engstlenalp grenzt zwar an die Kantone Obwalden und Nidwalden, gehört aber zum bernischen Innertkirchen. Und um die Verwirrung komplett zu machen, befindest du dich hier in den Urner Alpen. Diese Gebirgsgruppe liegt zwischen Vierwaldstättersee im Norden, dem Reusstal im Osten, dem Furka- und Grimselpass im Süden und dem Haslital und Gental im Westen.

Viele Wege führen auf die Engstlenalp. Sie liegt am Nidwaldner Höhenweg, an der Via Alpina und an der Via Sbrinz. Der Engstlensee kann auch im Rahmen der 4-Seen-Wanderung Melchsee–Tannensee–Engstlensee–Trüebsee erwandert werden. Die 4-Seen-Wanderung hat mich schon im Sommer 2018 begeistert. Vom Berner Oberland her gibt es den Horizontweg vom Alpen tower (Planplatten) am Hasliberg . Wie oft habe ich im Winter von dort oben schon Richtung Engstlenalp geblickt!

Wenn du nicht ganz so gut zu Fuß bist oder es einfach etwas gemütlicher nehmen möchtest, erreichst du diese wunderschöne Fleckchen mit den Sesselbahnen Trübsee – Jochpass und Jochpass – Engstlenalp. Im Sommer verkehrt der Engstlenalp-Bus der Bergbahnen Meiringen-Hasliberg mehrmals täglich (teilweise gegen Voranmeldung ab fünf Personen) von Meiringen via Innertkirchen auf die Engstlenalp. Der Postauto-Kurs wurde aus Kostengründen 2017 eingestellt. Entsprechend sind GA, Halbtax und andere Abonnemente nicht gültig. Für die 50-minütige Fahrt musst du stolze CHF 24.- (2021) berappen. Die Retourfahrt schlägt nochmals mit CHF 12.- zu Buche.

Alternativ kannst du mit dem Auto anreisen. Die schmale Straße durchs Gental zweigt im unteren Gadmental von der Passstraße über den Susten ab. Schmal bedeutet in dem Fall, dass der Bus gerade Platz hat. Es lohnt sich, die An- oder Abfahrt mit dem Busfahrplan zu koordinieren. Für die Benutzung der Straße ist beim Restaurant Wagenkehr eine Gebühr zu entrichten. Die Anreise mit dem Auto ist perfekt, wenn du einen Aufenthalt auf der Engstlenalp, den Besuch beim Engstlensee oder in der Schaukäserei planst. Da es sich bei den hier beginnenden Wanderungen um Streckenwanderungen handelt, wäre es ziemlich unpraktisch, das Auto auf der Engstlenalp zu parken.

1839 m ü. M. steht neben rustikalen Alphütten das historische Kurhaus und Hotel Engstlenalp. Goethe, Mark Twain und Einstein haben hier schon ihr Nachtlager aufgeschlagen. Ich könnte mir ebenfalls gut vorstellen einmal in einem der Nostalgiezimmer zu übernachten. Außerdem bin immer wieder erstaunt darüber, an welch abgelegenen Orten in den Schweizer Alpen für damalige Verhältnisse luxuriöse Hotels errichtet wurden. Das Hotel Rosenlaui im Reichenbachtal oder das Hotel Maderanertal sind weitere Beispiele dafür.

Für das leibliche Wohl sorgt neben dem Hotel Engstlenalp die Rossbodenhütte. Andere Hütten werden privat genutzt und am Parkplatz stehen einige Wohnmobile. An diesem Sonntagmorgen herrscht eine friedliche Atmosphäre. Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt drohte die Idylle durch den Bau neuer Bergbahnen zerstört zu werden. Ich bin froh, konnte die Engstlenalp in ihrer ursprünglichen Form, in Ruhe und Abgeschiedenheit erhalten werden. Trubel und Alpintourismus gibt es in der Schweiz schon genug.

Rund um die Gadmer Dolomiten

Die Wanderung startet spektakulär, am wundervollen Engstlensee. Für mich zählt er mit zu den schönsten Bergseen der Schweiz. Als einer der wenigen ist er mit dem Auto erreichbar. Bei einem Spaziergang am Seeufer, beim Fischen oder einer Fahrt mit einem der Ruderboote (zu mieten an der Rezeption des Hotels) finden Ruhesuchende Erholung. Das Wasser ist glasklar und die uralten Arven (Zirben) trotzen hier Wind und Wetter. Ohne esoterisch veranlagt zu sein: Die Bezeichnung Kraftort trifft es ganz gut. Stress und Alltagssorgen sind schnell vergessen. Wenn du möchtest, kannst du sogar einen Sprung ins kühle Nass wagen. Mit einer Maximaltemperatur von 18° C darfst du bei einem Bad im Engstlensee nicht allzu empfindlich sein.

Das habe ich an diesem herrlichen Septembertag nicht im Sinn. Ich will wandern und reiße mich bald los von dieser traumhaften Kulisse. Von nun an folge ich immer dem Wegweiser Richtung Tällihütte. Der Weg startet mit einer sanften Steigung vorbei an Almen, die nur noch teilweise bewirtschaftet sind. Schon bald offenbart sich der Blick zu den schneebedeckten Gipfeln von Mittelhorn und Schreckhorn. Anfangs verläuft die Wanderung durch Arvenwälder.

Ich bin völlig fasziniert von der Aussicht. Obwohl ich durchaus über die geografischen Gegebenheiten in der Zentralschweiz und im Berner Oberland Bescheid weiß, bin ich immer wieder überrascht, wie nahe alles zusammen liegt. Unterwegs sehe ich die Tannalp auf Melchsee-Frutt, den Jochpass in Engelberg, den Alpen tower am Hasliberg und am Schluss sogar noch den Gipfel des Titlis mit der Messstation.

Bald taucht auf der linken Seite der Tällistock auf. Mein erstes Etappenziel, der Sättelistock, ist ebenfalls schon im Blickfeld. Ab Bäregg, unterhalb des Ausstiegs des Tällistock Klettersteigs, führt der Weg über Geröll und teilweise durch den Fels, nicht immer ist er gut sichtbar. Es gibt ein paar wenige leicht ausgesetzte Stellen.

Mehr als eine Stunde wandere ich völlig alleine durch die unberührte Natur. Nur ein paar Kühe stehen in stoischer Ruhe und Gelassenheit mitten am Weg, sodass ich ausweichen muss. Was für ein Unterschied zur 5-Seen-Wanderung Pizol, die ich erst vor zwei Wochen absolviert habe. Erst kurz vor dem höchsten Punkt beim Sättelistock kommen mir die ersten Wandergruppen entgegen. Ich beneide sie nicht um den teils steilen Abstieg durch losen Schotter. Zu dem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, was mich auf der anderen Seite erwartet.

Beim Grateinschnitt Sätteli lege ich erst einmal eine kleine Pause ein, esse mein Sandwich und genieße den Blick ins Gadmental, zum Sustenpass und zumTriftgletscher. Auf meinem Felsen sitzend habe ich den Eindruck, ich könnte von hier aus direkt in die Tiefe springen. Natürlich weiß ich, dass sich der Wanderweg hinunter Richtung Gadmen schlängelt, auch wenn nur die ersten Meter davon erkennbar sind. Der Blick in die umliegende Bergwelt ist so faszinierend, dass ich mich kaum sattsehen kann. Außer mir ist sind nur drei andere Wanderer hier. Es herrscht absolute Stille, nicht einmal die Motorradfahrer auf der Sustenpassstraße sind zu hören. Was für ein Glücksgefühl.

Das folgende Stück fordert meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Trotz Serpentinen geht es sehr steil – aber ungefährlich –bergab, ich muss immer wieder die Hände für kleine Kletterpartien zur Hilfe nehmen und greife gerne zu den Seilen, die besonders anspruchsvolle Passagen sichern. Nicht umsonst wähle ich für den Weg ins Tal immer lieber die Seilbahn. Diese Option habe ich zumindest hier oben noch nicht.

Als kleine Entschädigung begleiten mich von nun an die imposanten, steil abfallenden Gadmer Dolomiten. Die Bergkette zwischen dem Gental und dem Gadmental ist sehr markant und hat ihren Namen erhalten, weil sie optisch an die Dolomiten in Südtirol erinnert. Immer wieder muss ich vor lauter Begeisterung stehen bleiben und fotografieren. Nach gut drei Stunden erreiche ich das Berggasthaus Tälli.

Abschluss in der Tällihütte, dem Berggasthof Tälli

Die Tällihütte mit der Felswand im Hintergrund ist eine wahre Augenweide. Auf der Sonnenterrasse lässt es sich gut verweilen. Die relativ neue Hütte lockt mit ausgezeichneter Küche und kann bis zu 37 Übernachtungsgäste beherbergen. Das Berggasthaus Tälli ist meist gut besucht. Denn mit der Tällibahn, gelangt man in nur zehn Minuten von der Sustenstraße hinauf an den Fuß der Gadmer Dolomiten. Die zwei roten Gondeln der ehemaligen Werkbahn bieten Platz für jeweils bis zu acht Personen. Die Tällibahn verkehrt im Selbstfahrbetrieb, also auf Knopfdruck und folgt keinem festen Fahrplan. Die einfache Fahrt kostet CHF 6.-. Tickets bekommst du im Touristcenter Grimseltor, an der Talstation oder auf der Website Grimselwelt.

Die Gadmer Dolomiten sind übrigens als Klettereldorado bekannt. Der Klettersteig startet gleich nordöstlich der Tällihütte. Die erste «Via Ferrata» der Schweiz ist rund 600 Meter lang beziehungsweise hoch und damit einer der längsten und auch spektakulärsten Klettersteige der Schweiz. 78 Meter Leitern und um die 1300 Meter Drahtseile sorgen für Sicherheit.

Ich komme exakt um 13:36 Uhr bei der Bergstation der Tällibahn an. Genau zu dieser Zeit fährt unten im Tal das Postauto Richtung Innertkirchen. Die nächste Verbindung folgt leider erst zwei Stunden später. Im Nachhinein bereue ich meine Pause am Sätteli ein wenig. Nun mache ich das beste aus der Situation und gönne mir erst einmal eine Erfrischung auf der Terrasse des Restaurants. Theoretisch hätte ich noch Zeit die restlichen 500 Höhenmeter ins Tal zu Fuß zurückzulegen. Letztendlich wähle ich jedoch die Bahn und wandere dafür entlang des Gadmerwassers bis zur Haltestelle Triftbahn.

Von dort aus geht es mit Bus und Bahn zurück nach Meiringen, wo ich mein Auto am Bahnhof geparkt habe. Der an Wochenenden mittlerweile übliche Stau über den Brünigpass verlängert meine Fahrzeit nochmals. Mit An- und Abreise sowie den Wartezeiten wird aus dieser Tour schnell ein Tagesausflug, der rund um die Fahrpläne organisiert werden muss.

Gadmer Dolomiten: Sätteli
Wanderung Tällihütte

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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© TRAVELLINGCAROLA

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