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Dolcefarniente in Bergamo, Mailands kleiner Schwester

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Du kennst Mailand in- und auswendig, warst schon in Venedig und Verona? Dann solltest du einen Besuch in einer der schönsten Städte Norditaliens ins Auge fassen. Bergamo in der Lombardei steht ganz klar im Schatten von Mailand. Vielen ist die Schönheit Bergamos nicht bekannt. Diejenigen, die da waren, sprechen davon, dass Bergamo die schönere oder attraktivere kleine Schwester Mailands sei. Auf solche Vergleiche lasse ich mich nur ungern ein.

Dolcefarniente, süßes Nichtstun, das und nichts anderes, habe ich mir für meinen Kurztrip nach Bergamo vorgenommen. Ich möchte einfach einige der Sehenswürdigkeiten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) besuchen, ein wenig durch die Einkaufsstraßen schlendern und vor allem gut essen und trinken.

Bergamo lässt sich gut an einem Wochenende erkunden. Hier kommen meine Empfehlungen für Ober- und Unterstadt.

Anreise nach Bergamo

Anreise mit der Bahn

Aus der Schweiz reist man am einfachsten mit dem Auto oder der Bahn an. Wer sich für den Zug entscheidet, steigt gemäß Verbindungsvorschlag der SBB in Monza auf Trenord um und fährt noch etwa eine Stunde durch die Lombardei. Leider ist bei der SBB noch nicht angekommen, dass die Brücke San Michele in Calusco d’Adda seit 14. September für den Verkehr gesperrt ist. Kontrollen im Zuge des Brückeneinsturzes von Genua haben ergeben, dass hier ebenalls ein Risiko eines Zusammenbruchs besteht.

Für mich bedeutet das den Umstieg auf den Schienenersatzverkehr und eine um eine Stunde verspätete Ankunft in Bergamo. Zum Glück steht nur Dolce Farniente auf dem Programm. Somit fährt man bis auf Weiteres am besten bis Mailand und steigt dort um. Die vorgesehene Sanierungsdauer der San-Michele-Brücke ist mit etwa zwei Jahren veranschlagt. «Auf unbestimmte Zeit» würde es meiner Meinung nach in Italien besser treffen.

Mittlerweile (2020) empfiehlt die SBB die Anreise via Mailand. Das habe ich in meinem Artikel zu Städtereisen mit der Bahn auch so erfasst.

Anreise mit dem Flugzeug

Bergamo verfügt aber auch über einen Flughafen. Der Aeroporto internazionale di Orio al Serio liegt 5 km südöstlich von Bergamo. Ins Zentrum gelangt man in wenigen Minuten mit dem Bus der Linie 1. Der Flughafen ist eine klassische Billigflieger-Destination, insbesondere Ryanair verkauft ihn großzügig als Mailand-Bergamo. Schließlich liegt die Modemetropole ja auch nur 45 km entfernt und ist mit Shuttlebussen angebunden.  Es bleibt nur zu hoffen, dass Bergamo durch die massive Präsenz der Low-Cost-Carrier nicht das gleiche Schicksal ereilt wie beispielsweise Porto.

Lage

Bergamo liegt etwa 50 Kilometer nordöstlich von Mailand und zählt etwas mehr als 120.000 Einwohner, also etwa ein Zehntel der Metropole Mailand. Entsprechend geht es hier auch wesentlich beschaulicher zu. Vielen, auch Italienern selbst, ist gar nicht bewusst, um welche Perle es sich hier handelt. Bergamo zählt mit Sicherheit zu den schönsten Städten Norditaliens.

Die Lage der Provinzhauptstadt ist etwas Besonderes. Denn eigentlich besteht Bergamo aus zwei völlig gegensätzlichen Städten.

Unter- und Oberstadt

Die historische Città Alta (Oberstadt) ist sozusagen eine Stadt in der Stadt und liegt 380 Meter über dem Meer auf einem Hügel. Dorthin zieht es auch die vielen Besucher. Mir gefällt, dass die Città Alta mitten im Grünen liegt, umgeben von sanften Hügeln mit Pinien, Zypressen und Weinbergen. Bei schönem Wetter hat man außerdem einen Blick über die Poebene. In der modernen 100 Meter tiefer gelegenen Città Bassa, der Unterstadt, herrscht reges Treiben. Hier befinden sich die Shoppingmeile und Partyzone.

Von der Unterstadt führt ein wunderschöner Treppenweg hinauf in die Città Alta. Oder aber man nimmt die Funicolare. Die Fahrt ist mit € 1,30 sehr günstig und auch in den Tageskarten inbegriffen. Tickets gibt es am Schalter direkt bei der Station oder am Automaten.

Sehenswertes in Bergamo

Die demkmalgeschützte Città Alta ist an sich schon eine Sehenswürdigkeit. Hier kann man wunderbar durch die kopfsteingepflasterten Gassen schlendern. Ich habe überall gelesen, dass die Altstadt eigentlich autofrei sein sollte. In der Realität sieht es so aus, dass sich bei meinem ersten Besuch in der Oberstadt am Freitagnachmittag immer wieder Fahrzeuge durch die engen Straßen zwängen und die Fußgänger ausweichen müssen.

Mit der zweiten Standseilbahn, der Funicolare San Vigilio, gelangt man für ebenfalls € 1,30 auf den Schlosshügel. Die Talstation befindet sich gleich hinter der Porta S. Alessandro. Die Aussicht von oben auf die Città Alta sowie ins Umland ist atemberaubend schön. Vom Castello San Viglio selbst sind nur noch die Mauern übrig. In der Nähe der Bahnstation laden noch einige wenige Restaurants mit Aussichtsterrassen zum Verweilen ein. Den Weg zurück beziehungsweise hinunter gehe ich zu Fuß und genieße die warme Herbstsonne. Der Spaziergang dauert keine 15 Minuten.

Venezianische Stadtmauer

Bergamos Altstadt ist vollständig von einer fünf bis sechs Kilometer langen Stadtmauer umgeben. Seit 2017 gehört diese sogar zum UNESCO Welterbe. Das gewaltiges Bauwerk ist an manchen Stellen bis zu 50 Meter hoch. Die Mauer ist auch heute noch vollkommen intakt. Bei einem Rundgang wird man nicht nur mit einer wunderschönen Aussicht belohnt, man passiert auch die vier monumentalen Eingangstore zur Oberstadt, die Tore Sant’Agostino, San Giacomo, Sant’Alessandro und San Lorenzo (Giuseppe Garibaldi).

Piazza Vecchia in Bergamo

Die Piazza ist seit jeher das Herz Bergamos. Hier liegen auch die schönsten und wichtigsten Gebäude der Stadt: das Rathaus, der Palazzo della Ragione und der Palazzo Nuovo sowie mehrere gemütliche Restaurants, Cafés und Bars. Typisch für Italien ist die Piazza Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Viele sitzen einfach auf den Stufen, Kinder spielen rund um den Brunnen. Der Platz ist sehr gut erhalten und ein richtiges Gesamtkunstwerk.

Campanone

Direkt an der Piazza Vecchia erhebt sich der Stadtturm. Von oben hat man einen tollen Rundblick über die Stadt und auf die Cappella Colleoni. Der Eintritt von € 5,- (2018) beinhaltet auch das venezianische Museum, das sich der Geschichte Bergamos widmet. Auf den Turm führt ein Aufzug, nur die Treppen zur obersten Aussichtsplattform muss man dann noch hochsteigen. Oben befindet sich die größte Glocke der Lombardei, die früher abends zur Schließung der Stadttore rief.

Der zweite Aussichtsturm, der Torre de Gombito, hat bei meinem Besuch leider nicht geöffnet. Ihn kann man nur von Ende März und Ende September jeweils montags erklimmen.

Santa Maria Maggiore, Capella Colleoni und Cattedrale di Bergamo

Direkt hinter der Piazza Vecchia (Durchgang beim Palazzo della Ragione) befindet sich ein Paradies für Kirchenliebhaber. Zu diesen zähle ich mich ganz und gar nicht. Einen Blick in die Basilica Santa Maria Maggiore und die Kathedrale von Bergamo lasse ich mir aber nicht entgehen. Ich bin beeindruckt von den Fresken, dem Stuck, den goldenen Deckenverzierungen und Wandteppichen.

Ein wahres Prunkstück ist die direkt an die Basilika angrenzende Capella Colleoni. Sie ist auf ganz vielen Aufnahmen von Bergamo zu sehen und besticht durch ihre Intarsien und Verzierungen aus farbigem Marmor. Im Inneren befindet sich das Grabmal von Bartolomeo Colleon.

Essen und Trinken in Bergamo

Dass Essen und kulinarische Köstlichkeiten in Bergamo eine große Rolle spielen, merkt man bereits, wenn man durch die Stadt schlendert. Überall sieht man kleine Läden mit liebevoll dekorierten Schaufenstern. Da locken lokale Spezialitäten wie Käse, Schinken, Salami oder Pasta.

Polenta

Etwas, was in Bergamo nicht fehlen darf, ist Polenta. Die typische Polenta Taragna ist eines der tradtitionellen Gerichte der Region und wird mit verschiedenen Käsesorten zubereitet – ein Gedicht, für alle, die so wie ich eine Vorliebe für den italienischen Maisbrei und Käse haben. Polenta gibt es in Bergamo aber auch noch in einer anderen Form.

Die vielleicht bekannteste Spezialität des Ortes, die Polenta e Osei, hat außer der Farbe mit dem vorher beschriebenen Gericht nichts gemeinsam. Dabei handelt es sich nämlich um einen Rührkuchen mit einer Schokolade-Nussfüllung und Zuckerkruste. Oben wird die Süßigkeit mit einem Vogel aus Marzipan und Schokolade verziert. Da ich im Voraus weiß, dass diese üppig-süße Polentavariante nichts für mich ist, probiere ich sie gar nicht.

Gelati

Angeblich wurde in Bergamo im «La Marianna» das Stracciatella-Eis erfunden. Ich gönne mir mein obligatorisches Gelato bei Italienbesuchen übrigens im Biogelato in der Nähe des Bahnhofs. Hier wird das Eis ganz traditionell aus Töpfen gespachtelt und schmeckt vorzüglich, auch wenn es nicht ganz billig ist.

Verpasst habe ich es, einen der kulinarischen Hotspots Bergamos aufzusuchen, obwohl ich geschätzt zehnmal daran vorbeigelaufen bin. Im La Marianna wurde angeblich das Stracciatella-Eis erfunden, leider sind die Bewertungen in den einschlägigen Bewertungsportalen heute eher durchwachsen. Probieren will ich das beim nächsten Mal aber auf alle Fälle!

Aperitivo und Restaurants

In der Bar Flora an der Piazza Vecchia kann man in bester Lage eine Aperitivo genießen und dabei wunderbar Leute beobachten.

Wer das Dolcefarniente in Bergamo mit kulinarischen Hochgenüssen verbinden möchte, findet in der Stadt einige exquisite Restaurants, wie das Il Ducale , die Hosteria, das Casual (Michelin Stern) oder das Roof Garden, das vor allem mit seiner Aussicht auf die Città Alta punktet.

Übernachten in Bergamo

Günstig übernachten kann man vor allem in der Unterstadt. Das Excelsior San Marco liegt zum Beispiel ganz in der Nähe der Standseilbahn. Authentisch und romantisch logiert man in der Città Alta. Hier ist es ein wenig wie in Venedig: Richtig schön wird es erst abends, wenn die Tagestouristen weg sind. Luxus in altehrwürdigen Gebäuden findet man im Relais San Lorenzo und im Relais San Vigilio.

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Shopping

Delikatessengeschäfte sowie einige schöne Boutiquen gibt es in der Oberstadt. Haupteinkaufsmeile ist die Via XX Settembre mit allen internationalen und nationalen Modeketten. Auch in den daran angrenzenden Straßen und Gassen finden sich schöne Läden.

Dolcefarniente in Bergamo
Bergamo

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Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

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