Eine Burg, die hoch über der Chora thront, acht Windmühlen und weiß getünchte Häuser ziehen sich den Hang hinauf – so präsentiert sich Astypalea auf den ersten Blick. Die Insel ist so griechisch, wie du es von einem verhältnismäßig schwer zu erreichenden Eiland, das überwiegend von Griechinnen und Griechen besucht wird, erwarten darfst. Ursprünglichkeit und Gastfreundschaft sind hier noch nicht dem Massentourismus zum Opfer gefallen.
Meine große Inselliebe gehört den Kykladen. Sie werden für mich auf immer und ewig eine meiner Sehnsuchts-Destinationen bleiben. Astypalea gehört zwar zur Inselgruppe des Dodekanes, die Architektur ist jedoch kykladisch geprägt und typisch minimalistisch. Die nächstgelegenen Inseln sind Amorgos, Anafi und Kos. Wie ein Schmetterling, der seine Flügel ausbreitet, liegt die knapp 100 Quadratkilometer große Insel in der Ägäis. Die Mesa Nisi (Innere Insel) im Osten und die Exo Nisi (Äußere Insel) im Westen sind durch eine schmale Landenge verbunden. Etwa 1’300 Einwohner leben auf dem Eiland, der Großteil von ihnen in und um die Chora. Zu ihnen gesellen sich im Sommer mehr als 70’000 Gäste.
Bist du bereit für die griechische Insel Astypalea?
Als Griechenlandeinsteigerin oder -einsteiger wirst du andere Ziele in Griechenland ansteuern. Das Eiland in Schmetterlingsform ist international als Reiseziel wenig bekannt. Aufgrund der vergleichsweise schlechten Erreichbarkeit und weil sich der Charme den Besuchern nicht sofort erschließt, empfehle ich die Insel nicht für einen Erstbesuch in Griechenland. Sie ist keine typische Badedestination mit endlos langen, breiten und gut erreichbaren Stränden. In dem Fall bist du auf Naxos, Paros oder Mykonos besser aufgehoben.
Wenn dir aber Massentourismus ein Graus ist, du auf große Hotels und Bettenburgen gerne verzichtest, kein Show- und Unterhaltungsprogramm brauchst sowie Griechenland so authentisch wie möglich erleben möchtest, bist du hier genau richtig. Dann kennst du vielleicht bereits Inseln wie Amorgos oder Koufonissi und weißt, was dich erwartet.
Neben Astypalea Stadt gibt es mit Livadia, Analipsi oder Maltezana und Vathy gerade einmal vier Ortschaften, wobei nur die ersten drei touristisch relevant sind. Das Leben spielt sich in der Chora ab, Maltezana und Livadia sind im Sommer beliebte Badeorte, allerdings ohne jeglichen Partytrubel.
Im Hauptort selbst musst du dir ebenfalls nochmals überlegen, wo du dein Quartier aufschlagen willst. Am kleinen Hügel westlich der Windmühlen bist du direkt im Geschehen. Wenn du nah am Meer sein möchtest, empfiehlt sich die Bucht Péra Gialós unten beim alten Hafen. Beides hat seinen Reiz und seine Vor- und Nachteile. Um schweißtreibende Auf- und Abstiege wirst du nicht umhinkommen. Egal in welche Richtung gilt es gut 100 Höhenmeter zu überwinden.
Von der Terrasse meines Zimmers in der Unterkunft Oneiro Suites habe ich einen atemberaubenden Blick auf die Burg und die Chora. Der Begriff «atemberaubend» ist in diesem Fall noch untertrieben, vor allem, wenn am Morgen die Sonne langsam alles in ein warmes Licht taucht. Genau genommen müsste man seinen gesamten Aufenthalt hier verbringen. An dem Ausblick würde man sich nie sattsehen! Aber natürlich will ich auch den Rest der Insel entdecken.
die ultimative AussichtDie Oneiro Suites sind ein Adults-Only-Hotel, das absolute Privatsphäre bietet. Die Unterkunft liegt nur wenige Gehminuten (Treppen) von der Chora entfernt. Du hast die Qual der Wahl zwischen zwölf Suiten, von denen neun über einen eigenen beheizten Whirlpool oder privaten Pool verfügen. Das Frühstück wird auf Bestellung ins Zimmer gebracht, sodass du bereits am Morgen Ausblick, Terrasse und Jacuzzi genießen kannst. Die Auswahl beim Frühstück könnte durchaus noch umfangreicher und abwechslungsreicher sein. Aber hier bin ich wohl einfach zu sehr verwöhnt von Mama Popis Breakfast im Hotel Grotta auf Naxos.
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Astypalea Sehenswürdigkeiten, Strände und andere Ziele
Dank der geringen Größe der Insel sind alle Sehenswürdigkeiten und Highlights schnell zu erreichen. Im Hafen und in der Chora bist du am besten zu Fuß unterwegs. Um an die weiter entfernt liegenden Strände zu kommen, ist aktuell und vor allem in der Vor- und Nachsaison ein Mietauto empfehlenswert. Ich habe meines von Vergoulis Rentals.
Die acht alten weißen Windmühlen mit ihren knallroten Dächern sind eines der Wahrzeichen der Insel. Sie stehen an der ausgesetzten Stelle zwischen den beiden Hügeln der Chora. Dort, wo es richtig stürmisch sein kann, konnten sie die Kraft des Windes optimal nutzen. Die ehemaligen Getreidemühlen wurden liebevoll restauriert. In einer von ihnen befindet sich eine kleine Leihbibliothek, eine andere wird als Informationsbüro genutzt.
Der Dorfplatz um die Windmühlen ist sozusagen der Mittelpunkt des Insellebens. Um ihn gruppieren sich Cafés, Tavernen und Restaurants. Hier spielen die Kinder und hier findet das allabendliche Schaulaufen statt. Von hier aus schlängelt sich ein Labyrinth aus weißen Gassen und Treppen hinauf bis zur Festung. Fotografinnen und Fotografen kommen in dieser Griechenlandidylle mit blauen Akzenten und üppig blühenden Bougainvilleen voll auf ihre Kosten. Ein paar wenige Läden mit lokalen Produkten lassen das Shopping-Herz höher schlagen.
Gerne wird der antike Kinderfriedhof Kylindra auf halbem Weg zur Festung als Sehenswürdigkeit erwähnt. Hier wurden 2’400 Gräber mit Ungeborenen, Babys und einigen Kleinkindern entdeckt. Bereits 750 vor Christus ließen wohlhabende Familien der umliegenden Inseln hier ihre Kinder in Urnen und Tongefäßen begraben. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass die Göttinnen der Geburt und der Geburtshilfe, Artemis Lochia und Illithyia, hier verehrt wurden. So spannend sich das anhört, so unspektakulär ist die Ausgrabungsstätte selbst. Sie gleicht einer vermüllten Baugrube. Schade, gibt es für den erst 1996 entdeckten Friedhof keine finanziellen Mittel zur Restaurierung.
Um einiges besser sieht es für die Burg auf der höchsten Stelle der Chora aus. Die Festung wurde zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert erbaut. Wie viele andere Inseln war Astypalea von Piratenangriffen geplagt. Die Burg sollte der lokalen Bevölkerung Schutz bieten. Sie war allerdings nicht als reine Fluchtburg angelegt, sondern war Teil der Siedlung selbst. Zwei- bis dreistöckige Privathäuser rund um die Festung bildeten einen zusätzlichen Abwehrring.
Auf dem 4’000 Quadratmeter großen Gelände lebten einst bis zu 4’000 Bewohner. Davon ist in der Ruine kaum noch etwas zu sehen. Die Gebäude fielen dem großen Erdbebens im Jahr 1956 zum Opfer und mussten als Baumaterial für neue Häuser herhalten. Die beiden Kirchen Agios Georgios und Panagia of the Castle bilden einen schönen Kontrast zu den Festungsmauern. Vor allem hast du von hier oben eine wunderbare Aussicht auf die Schmetterlingsflügel der Insel, die Heilige Kirche der Panagia Portaitissa und das Meer.
Auf dem Bergrücken gegenüber der Chóra liegt die alte Windmühle Paliómylos. Die Windmühle selbst ist nicht sonderlich spektakulär. Hierher kommt man vor allem wegen der Aussicht. Und die ist zum Sonnenuntergang besonders schön.
Unterhalb der Chora in Péra Gialós lädt ein kleiner Kiesstrand zum Baden ein. Er ist nicht allzu einladend, punktet aber durch seine Nähe zur Chora. Ein paar Tamarisken spenden Schatten und Tavernen und Cafés gibt es in reichlicher Auswahl. Sein Vorteil sind die zentrale Lage und die gute Erreichbarkeit. Wenn du gut zu Fuß bist, kannst du den Strand von Livadi ebenfalls nach einer kleinen Wanderung entlang der Straße erreichen. Livadi ist der vielleicht touristischste und am besten organisierte Strand der Insel. Hier findest du eine Reihe von Tavernen und viele Liegestuhlvermieter.
Um die restlichen Strände zu erkunden empfehle ich dir einen fahrbaren Untersatz. Stell dich aber darauf ein, dass nur ein Teil der Straßen befestigt ist. Einigermaßen gut ausgebaute Verbindungen findest du zwischen Agios Konstantinos, Livadi, Chora, Agios Andreas, Malezana bis kurz vor Vathy. Der Rest sind tatsächlich Schotterpisten. Bei manchen braucht es anfänglich etwas Überwindung. Mit der nötigen Geduld, Ruhe und Gelassenheit solltest du jedes Ziel erreichen.
Für mich ist die Zeit zu kurz, um alle Strände zu besuchen. Meine treuen Leserinnen und Leser wissen außerdem, dass ich mich am Strand schnell langweile und ein Aufenthalt nicht zu meiner obersten Priorität gehört. Deshalb treffe ich eine Auswahl und steuere Kaminakia, Agios Konstantinos, Maltezána, Stenós und die Bucht von Vathy an.
einsame SträndeFür viele gilt die pittoreske Bucht von Kaminakia als einer der schönsten Strände der Insel. Um das zu beurteilen, fehlt mir der Vergleich mit dem Strand von Vatses. Aber es ist sehr einladend hier. Jetzt Ende September muss ich den Strand nur mit sieben anderen Gästen teilen. Liegestühle mit Schirm kosten € 10.-/Tag (2022). Selbst die kleine Taverne Linda’s hat noch geöffnet. Das Wasser ist glasklar, es wird schnell tief. Einzig die Anreise ist etwas beschwerlich. Kurz nach der Abzweigung in der Nähe der Kapelle Agios Ioannis endet die asphaltierte Straße ziemlich abrupt. Die restlichen knapp sechs Kilometer musst du über eine teilweise steile Schotterstraße zurücklegen. Plane dafür zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten ein.
Ein weiterer Abstecher führt mich an den Strand von Agios Konstantinos mit der gleichnamigen kleinen Kirche. Es handelt sich um einen Kiesstrand mit Tamarisken und einem fantastischen Blick auf die Chóra. Die Almare Beach Bar und das Restaurant Aerino sorgen für das leibliche Wohl und vermieten Liegestühle. In der geschützten Bucht kannst du wunderbar schwimmen. Das letzte Stück zum Strand führt ebenfalls über eine unbefestigte Straße. Diese ist aber nicht so abenteuerlich wie die nach Kaminakia.
Auf der schmalen Landenge, dem Steno, der die beiden Schmetterlingsflügel Mesa und die Exo Nisi miteinander verbindet, liegt der gleichnamige Strand. Es ist der einzige Sandstrand und er ist wunderbar geeignet für Kinder, da er nur sehr langsam und flach ins Meer hin abfällt. Der Strand ist während der Saison bewirtschaftet und es gibt eine Kantine.
Im kleinen Dorf Maltezána (Analipsi) scheinen die Uhren still zu stehen. 150 Leute sollen hier noch ganzjährig leben. Es lohnt sich bei der kleinen Kirche einen Stopp einzulegen oder die römischen Bäder von Talará zu besuchen. Am kleinen Hafen schaukeln bunte Fischerboote im Wasser. Außerdem gibt es einige hübsche Cafés und Tavernen. Der Strand ist schmal, aber lang, sodass selbst im Sommer für alle ausreichend Platz bleibt.
Auf einer erstaunlich gut ausgebauten Straße geht es weiter Richtung Vathy. Das Geld hat wohl nicht gereicht. Einige Kilometer vor der Ortschaft geht die Straße wiederum in eine Schotterpiste über. Vathy steht in Griechenland jeweils für eine tiefe Bucht. Das habe ich auf Sifnos gelernt. Der Ausblick auf das türkisgrüne Wasser ist eine Augenweide.
Mehr als drei Kilometer zieht sich der Fjord landeinwärts bis zum Strand von Vathy. Und weil der Meereszugang kaum zu sehen ist, wirkt die Bucht eher wie ein See. Im kleinen Örtchen Exo Vathy sind noch ganze zehn Einwohner übrig geblieben. Dafür ist der Besuch in der Taverne Galini ein Erlebnis. Hier erlebst du Frauenpower, eine Zeitreise zurück in die 1950er- oder 1960er-Jahre und Selbstbedienung der charmanten Art.
Es ist Nachsaison
In der Nähe von Vathy befindet sich die noch nicht vollends erforschte Drakospilia Höhle mit ihren Stalaktiten und Stalagmiten. Die Höhle ist allerdings nur per Boot zu erreichen. Dafür ist es aber zu spät im Jahr. Nun, ich kann es verschmerzen.
Das gleiche Problem habe ich mit dem Bootsausflug zu den vorgelagerten Inseln Kounoupi und Koutsomiti. Die Ausflugsboote verkehren nicht mehr ein Gruppencharter kommt für mich alleine nicht infrage. Am Doppelstrand von Kounoupi kannst du entscheiden, auf welche Seite du ins Meer möchtest. Die Atmosphäre dort ist nahezu karibisch! Leider muss ich mich mit den Bildern begnügen.
Auch von den vielen Restaurants und Bars haben nur noch wenige geöffnet und oftmals steht nicht mehr das gesamte Angebot auf der Speisekarte zur Verfügung. Dennoch muss ich nicht auf meine geliebten griechischen Spezialitäten verzichten.
Smart & Sustainable Island und Anreise
Es ist ein ehrgeiziges Ziel: Die Insel will zur ersten smarten und nachhaltigen Destination im Mittelmeer werden, ein Modellstandort für E-Mobilität und erneuerbare Energien. Die Republik Griechenland hat dieses bahnbrechende Projekt in Zusammenarbeit mit dem Volkswagen-Konzern 2020 gestartet.
Die aktuell rund 1’500 Kraftfahrzeuge auf der Insel sollten um ein Drittel reduziert und der Rest in absehbarer Zeit durch Elektrofahrzeuge ersetzt werden. Der Umstieg wird durch großzügige Förderungen (finanzielle Zuschüsse, Finanzierungen und Abwrackprämien) vom Staat unterstützt. Parallel dazu entsteht ein flächendeckendes Netz aus privaten und öffentlichen Ladestationen. Und so darf ich den Transfer vom Flughafen in meine Unterkunft in einem nigelnagelneuen VW ID.3 genießen. Polizei, Hafenpolizei und Taxis sind schon elektrisch unterwegs und immer wieder entdecke ich E-Tankstellen.
Eine weitere Säule des Projekts ist die sogenannte smarte Mobilität. Griechenlandfans kennen die betagten Busse, vielfach aus Deutschland importiert, die auf den griechischen Inseln ihre Runden drehen. Hier werden diese in den Ruhestand geschickt und durch zwei neue Mobilitätsdienste, «astyBUS» und «astyGO» ersetzt. Sowohl der Ride-Sharing-Dienst als auch das Car-Sharing-System kann mit der App astyMove gebucht werden.
Betrieben werden sollten die Fahrzeuge künftig mit Ökostrom aus Solarkraftwerken und Windturbinen. Bis dato sind es Diesel-Generatoren, die nicht nur Elektrizität, sondern auch viel CO2 produzieren. Schließlich sollte die Insel eine Testregion für autonomes Fahren werden.
Für die Anreise musst du etwas Zeit und Geduld mitbringen. Am schnellsten und bequemsten erreichst du die Insel mit der Fluggesellschaft SkyExpress. Während der Saison gibt es tägliche Flüge nach Astypalea. Der einfach Flug kostet je nach Auslastung ungefähr € 100.–, 15 Kilogramm Freigepäck inklusive. Der Schmetterling der Ägäis ist – aus welchen Gründen auch immer – eine der wenigen Inseln, die nicht von Olympic angeflogen wird.
Mit den Blue Stars Ferries von Athen aus dauert die Fahrt ungefähr zehn Stunden. Neben der Route über die Kykladen gibt es auch die Möglichkeit die Insel mit Dodekanisos Seaways von Rhodos oder Kos aus anzusteuern. Unangenehm ist die Ankunft mitten in der Nacht und üblicherweise mitten im Nirgendwo am Fähranleger von Agios Andreas. Wegen einer Unterspülung des Anlegers werden im Sommer 2022 die Fähren wieder in den alten Hafen umgeleitet. Und so weckt mich in der Nacht auf Dienstag die Blue Star Naxos, die lautstark ihren Anker fallen lässt.
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Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.
Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.
Liebe Carola, danke für deinen tollen Bericht! Wir planen im September 3 Wochen Kykladen – Inselhüpfen und planen Astypalea ein. Wie viele Tage würdest du empfehlen? Baden und am Strand liegen ist auch bei uns nebensächlich .
Herzlichen Dank für deine Antwort und liebe Oster Grüsse aus der Schweiz Romy und Detlef
Liebe Romy, lieber Detlef
Wie im Beitrag beschrieben spielt sich das Leben in der Chora ab. Die habt ihr auch an einem Tag erkundet. Im September sollte noch ein Besuch auf den vorgelagerten Inseln möglich sein. Wenn ihr dann noch ein wenig rumfahren wollt – zwei bis drei Tage.
Herzliche Grüße
Carola