Kategorien Ausflüge

Ascona, Wandern im Frühling im Tessin

Schreibe Einen Kommentar
Pinterest Hidden Image

Fast jeder meiner Schritte ist von einem Rascheln begleitet. Blitzschnell verschwinden die kleinen Eidechsen, die sich auf Steinen an den Strahlen der Märzsonne wärmen, in ihrem Versteck. Die Magnolien und Kirschbäume blühen mit den Kamelien um die Wette. Ein vielstimmiges Vogelkonzert begleitet meine Wanderung oberhalb des Lago Maggiores von Brissago nach Ascona. Frühling liegt in der Luft. Wie es sich für das Tessin gehört, strahlt ebendiese vom nahezu wolkenlosen Himmel.

Lust auf Frühling? In diesem Blogpost berichte ich von zwei einfachen Wanderungen mit viel Aussicht rund um Ascona. Meine Tipps, die Wanderrouten und die schönsten Kirschblütenspots findest du hier zusammenfasst.

Von Brissago nach Ascona, Wandern mit Blick auf die Brissago Inseln

Während sich in der Zentralschweiz der Winter ein letztes Mal aufbäumt, lockt das Tessin, die Sonnenstube der Schweiz. Bis zu 2300 Sonnenstunden pro Jahr sind hier möglich. Nach der Anreise mit Zug und Bus bis zur Haltestelle Brissago Posta freue ich mich auf etwas Bewegung. Ich folge dem ausgeschilderten Wanderweg neben dem Kiosk, der über Treppen hinauf zur Via Sacro Monte führt. Bald passiere ich die barocke Kirche Madonna del Sacro Monte am Ende des Kreuzwegs. Von hier aus folge ich dem Wanderweg und später der Straße mit gelegentlichen Abkürzungen über Treppen Richtung Ronco sopra Ascona über die Via Panoramico und die Via Barcone.

Ich komme vorbei an Palmen und freue mich über die ersten zarten Blüten der Kirschbäume oder die duftenden Mimosensträucher. In den Gärten wird überall gewerkelt. Man bereitet sich auf den Frühling vor. Ronco sopra Ascona erreiche ich über die Via Nosetto und mache erst einmal eine kleine Pause mit Aussicht. Der Blick auf den Ort von hier aus ist magisch. Danach geht es durch die engen Gassen des Dorfes hinunter zur Aussichtsterrasse bei der Kirche San Martino.

Die Via Gottardo unterhalb des Hotels Ronco führt mich weiter ans nördliche Ufer des Lago Maggiore. Kurz nach dem Albergo Casa Berno kannst du entweder direkt über den Sentiero Romano absteigen oder auf der Via Gottardo do Madonna bleiben und noch einen Abstecher auf den Monte Verità machen. Besonders schön ist der Weg vom Monte Verità hinunter zur Uferpromenade. An mehreren Stellen kannst du hier die Aussicht auf den See genießen.

Wandertechnisch ist die Tour kein Highlight: 10 Kilometer, knapp 400 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, Dauer etwas weniger als drei Stunden, was der Kategorie «leicht» entspricht. Leider verläuft fast die gesamte Strecke auf geteerten Straßen und Wegen. Der große Pluspunkt ist die Aussicht. Unterwegs eröffnen sich grandiose Ausblicke auf den tiefblauen Lago Maggiore, die Brissago Inseln, nach Ronco und Ascona.

Ausblick über den Lago Maggiore
Brissago Inseln

Ronco sopra Ascona

Das malerische Tessiner Dorf klebt regelrecht am Hang, 150 Meter über dem See. Die besondere Lage mit der atemberaubend schönen Aussicht hat dem Ort den Namen «Balkon über dem Lago Maggiore» eingebracht. Im ehemalige Bauerndorf leben ganzjährig gerade einmal 600 Menschen. Während der Sommersaison ändert sich das schlagartig. Die Urlauber erfreuen sich an der mediterranen Flora, den hübschen Gärten und genießen neben den vielen Sonnenstunden die kühle Brise des Sees.

Ausblick über Dorf und See
Ronco

Das Tessin inspiriert. Die Region war immer schon Anziehungspunkt für Künstler und Schriftsteller. Hermann Hesse lebte in Montagnola und Carona, Gerhart Hauptmann in Carona, Ascona und Ronco sopra Ascona. Zwischen 1920 und 1960 wohnten Künstler aus aller Welt in Ronco, unter ihnen Erich Maria Remarque, der Autor des Romans «Im Westen nichts Neues» und der Maler Antonio Ciseri. Remarque und seine Frau , die Stummfilm-Schauspielerin Paulette Goddard, sind am Friedhof des Dorfes begraben.

Gassen im Dorf
Ronco

Vom See aus, ist Ronco auf direktem Weg über die sogenannte Himmelsleiter mit ungefähr 800 Steinstufen zu erreichen. Gott höchstpersönlich meinten die Menschen im Mittelalter am Ende der Leiter zu treffen. Angeblich steht deshalb heute an dieser Stelle die Pfarrkirche San Martino. Sie gibt dem Ort sein charakteristisches Ortsbild.

Ascona im Frühling

Ascona mit seiner weitläufigen Promenade am Lago Maggiore und den farbenfrohen Häusern zählt zu den schönsten Orten im Tessin. Wenn im März im Rest der Schweiz noch Schnee liegt und die Kälte sich breit macht, ist das Städtchen Magnet und Balsam für die Seele zugleich: Denn hier herrscht Frühling. Die pittoreske Altstadt erwacht langsam zum Leben und auf dem Lungomare – welch schönes Wort – flanieren Einheimische und Besucher, strecken ihre Nasen in die Sonne oder gönnen sich einen Apéro. Zum Glück kann ich meinen Aperol Spritz stilvoll auf der Hotelterrasse genießen und muss mir nicht mit einem Plastikbecher irgendwo ein Plätzchen suchen.

Ein Zimmer am Lungomare mit Seeblick ist etwas ganz Besonderes. Ich bin wieder einmal spät dran und muss mich mit dem Blick auf die Dorfgasse begnügen. Das kommt davon, wenn man sich am Abend zuvor für einen Ausflug ins Tessin entscheidet. Ich übernachte im Boutique Hotel Olive in zweiter Reihe. Die Zimmer sind modern und zweckmäßig. Von den dazugehörigen Restaurants hat aktuell nur das Ristorante al Pontile geöffnet. Dieses verspricht gehobene Küche, nur leider kaum vegetarische Optionen. Und wenn schon Tessin, dann muss es für mich Pizza sein! Die ist zum Glück perfekt für Take Away.

Das Frühstück im Ristorante al Piazza ist typisch italienisch mit einem Schwerpunkt auf Süßem. Der Espresso schmeckt, wie ein Espresso schmecken muss und die Aussicht auf die Promenade ist bezaubernd. Leider hält man sich in dem kleinen Raum nicht an die Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit. Die Tische stehen eng aneinander. Es gibt weder Plexiglasscheiben noch wird der nötige Abstand eingehalten.

Ascona blüht

Viale Monte Verità

Im Frühling 2021 lösten ein oder zwei Bilder auf Instagram einen riesigen Hype aus, gingen viral, wie man neuerdings so schön sagt. Als ich die Allee mit den rosa blühenden Kirschbäumen und den schneebedeckten Berggipfeln zusammen mit der Ortsangabe «Ascona» zum ersten Mal sah, passte das für mich nicht zusammen. Ich hätte schwören können, dass sich hier jemand einen Scherz erlaubt oder das Geotagging verrückt spielt.

«Das ist doch in Japan und nicht im Tessin», geht es mir durch den Kopf. Nein, Sakura gibt es auch im Tessin und Hanami ist in Ascona möglich, zum Beispiel in der Viale Monte Verità. Wider Erwarten bin ich abends und am Morgen die Einzige, die hier fotografierend unterwegs ist. Dafür erfreuen sich die Kinder an der rosaroten Pracht, die langsam wie Schneeflocken zu Boden rieselt und einen weichen Teppich hinterlässt.

Sakura und Hanami im Tessin

Monte Verità

Noch mehr Japan findest du am Monte Verità selbst. Hier liegt die nördlichste Teeplantage der Welt! Dass am Monte Verità überhaupt Tee wächst, ist dem einzigartigen Mikroklima zu verdanken. Im Teeraum der Casa del Tè hält die gebürtige Japanerin Eri Homma regelmäßig japanische Teezeremonien ab.

Außerdem blühen am Monte Verità im Frühling die Magnolienbäume. Ein besonders schönes Exemplar steht direkt vor dem Bauhaus-Hotel, das der Architekt Emil Fahrenkamp Ende der 1920er-Jahre im Auftrag von Baron Eduard von der Heydt errichtet hat. Davor war der bewaldete Park eine alternative und vegetarische Kolonie mit illustren Gästen, Künstlern, Denkern, Philosophen bis hin zu Anarchisten. Bei einem Besuch am Monte Verità, der heute ein modernes Kongress- und Seminarzentrum ist, kannst du ein wenig vom ehemaligen Mythos erahnen und die Häusern der Pionierzeit bewundern.

Sentiero Collina Alta

Am zweiten Tag im Tessin nehme ich eine Wanderung in Angriff, die schon lange auf meiner Liste steht, den Sentiero Collina Alta. Auch sie wird sich zu einer Kirschblütenwanderung mausern. Ausgangspunkt ist die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso in Orselia beziehungsweise die Kirche Santa Trinità von Locarno Monti. Die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso thront imposant auf einem Felsvorsprung und ist das perfekte Fotomotiv. Gleichzeitig ist sie der berühmteste Wallfahrtsort der italienischen Schweiz.

Wallfahrtskirche oberhalb von Locarno
Madonna del Sasso

Kirche und Kloster gehen zurück auf eine Marienerscheinung. Von der ehemals kleinen Pilgerkapelle ist nicht mehr viel übrig. Die Anlage hat in den vergangenen Jahrhunderten viele und weitreichende Veränderungen erfahren und wurde ständig erweitert. Das Kloster wird heute von Kapuzinermönchen geführt. Interessierte informieren sich im 2016 eingeweihten Museum. Dutzende Votivtafeln zeugen von Wundern, die die Madonna del Sasso angeblich bewirkt hat.

Von Locarno aus erreichst du Orselia entweder über den steilen Kreuzweg oder bequemer mit der historischen Standseilbahn beziehungsweise mit dem Bus der Linie 3. Um mir den Umweg über Locarno zu sparen, marschiere ich auf direktem Weg nach Locarno Monti. Das bedeutet etwa zusätzliche 2.5 Kilometer.

Die Wanderung in Locarno Monti beginnt genauso wie die gestrige in Brissago: mit vielen Stufen. Der eigentliche Weg startet an der Via Patocchi und führt über weite Strecken durch Kastanienwälder. Zwischendurch sind kurze Wegstücke asphaltiert. Insgesamt ist die Route wesentlich angenehmer zu gehen als meine erste Tagesetappe. Dafür musst du auf die ganz unvergesslichen Aussicht verzichten. Zwischendurch ergeben sich Ausblicke auf das Maggiadelta und Locarno. Der Sentiero Collina Alta ist Teil des des Sentiero Verzasca (Nr. 74). Die Strecke ist perfekt ausgeschildert.

Rustico und blühende Bäume
Sentiero Collina Alta

Der Weg führt in sanftem Auf und Ab durch den Wald. Das satte Grün der vereinzelten Palmen ist besonders auffällig. Von Zeit zu Zeit überquere ich kleine Bachläufe und komme an Rusticos, den typischen Steinhäusern aus Granit, vorbei. Einzig auf die Einkehr in einem Grotto muss ich Corona bedingt verzichten. Immerhin laden viele Bänke zum Verweilen ein.

romanische Steinbrücke
Ponte del Sipp

Zwei Höhepunkte am Sentiero Collina Alta sind die Capèla Rota aus dem 17. Jahrhundert und die Ponte del Sipp über den Navegna-Bach. Die Kapelle wurde aus Natursteinen errichtet, aufgrund wiederholter Epidemien jedoch nie vollendet. Die kleine romanische Brücke erinnert ein wenig an die Ponte dei Salti in Lavertezzo im Verzasca Tal.

Ich erreiche das Dorf Contra zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Weil ich nicht 50 Minuten auf den nächsten Bus warten will, beschließe ich, direkt nach Tenero abzusteigen. So habe ich Gelegenheit den Tessiner Frühling mit all seiner Blütenpracht ausgiebig zu genießen und komme am Oratorium della Fraccia vorbei.

Viale Monte Verita in Ascona mit blühenden Kirschbäumen
Frühling im Tessin

Weitere Wanderungen im Tessin

Entdeckungen in der Valposchiavo


Teilzeitnomadin Travellingcarola

Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.

Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.

Schreibe Einen Kommentar

© TRAVELLINGCAROLA

Your Mastodon Instance