Ein Alpaka-Spaziergang verspricht Entschleunigung, und zwar eine der flauschigen Art. Die possierlichen Tiere sind neugierig, gutmütig und haben immer irgendwie ein Lächeln auf Lippen. Kurz: Alpakas muss man einfach gern haben. Ihr ruhiges, sanftes Gemüt macht sie zu angenehmen Weggefährten.
Zu Beginn der Pandemie, verbannt ins Homeoffice mit stundenlangen Online-Meetings habe ich darüber nachgedacht, ein Lama oder Alpaka in eine Videokonferenz einzuladen. Das bringt Abwechslung und beruhigt. Letztendlich entscheide ich mich für einen gemütlichen Spaziergang. Seite an Seite mit einem Alpaka durch die Landschaft zu wandern ist um einiges besser, als ein Videobild zu betrachten. Nach einiger Recherche finde ich beim Alpakahof Bern in Ortschwaben ein Corona-taugliches Angebot. Da zögere ich nicht lange und reserviere gleich über das praktische Buchungstool meinen Spaziergang.
Alpakahof Bern
Etwa eine Viertelstunde entfernt von der Bundesstadt befindet sich die Gemeinde Meikirch mit dem Dorf Ortschwaben, wo der Hof von Sarah und Andi Rüedi liegt. Das große Anwesen mit den Pferdeweiden ist nicht zu übersehen und Parkplätze sind in ausreichender Anzahl vorhanden. Neben der Zucht verkaufen die beiden Produkte aus Alpaka-Wolle im Hofladen und bieten Seminare und Einsteigerkurse in Sachen Alpaka-Haltung an. Die Spaziergänge mit den sanften Tieren stellen eine zusätzliche Einnahmequelle und für die Alpakas eine willkommene Abwechslung dar.
Bevor wir unseren Alpaka-Spaziergang starten, bedienen wir uns am «Takeaway-Zvieri-Buffet» auf der Heubüni. Normalerweise würden wir uns nach dem Spaziergang mit einem «Zvieri» hier stärken. Jetzt packen wir einfach unseren Rucksack. Es gibt Früchte, Schinkengipfeli mit Fleisch vom Hof (Vegetarier würden sich bestimmt über ein alternatives Angebot freuen) und Schokoladenkuchen. An diesem bitterkalten Tag im Februar rechnen wir sowieso nicht mit einem gemütlichen Picknick und unser Hauptaugenmerk gilt dem warmen Tee, den wir in die mitgebrachten Thermosflaschen füllen. Nachdem wir sicherheitshalber eine zusätzliche Kleiderschicht angezogen haben, zieht es uns zu den Alpakas.
Alpaka-Spaziergang in Ortschwaben
Andi wartet bereits im Gatter und inmitten der Alpakas auf uns und heißt uns herzlich willkommen. Die Alpakas wuseln geschäftig herum und begrüßen uns neugierig. Danach stellt Andi uns gleich vor eine schwierige Wahl: Wir dürfen uns selbst einen Begleiter aussuchen! Bei so viel Wolle, Niedlichkeit und großen Kulleraugen mit langen Wimpern ist die Entscheidung alles andere als einfach. Während ich die Tiere scanne und überlege, ob es so etwas wie eine Chemie oder besondere Verbindung zwischen Alpaka und Mensch gibt, hat meine Begleitung sich bereits entschieden: Der kleine dunkelbraune Piet soll an ihrer Seite gehen.
Alpakas sind Herdentiere. Der junge Hengst braucht jetzt jemanden, hinter dem er herlaufen kann – idealerweise ein älteres und erfahrenes Alpaka. Deshalb muss ich mir ein erwachsenes Alpaka aussuchen. Meine Wahl fällt auf ein besonders flauschiges, goldfarbenes Exemplar. Sir Brighton ist mehrfach preisgekrönt und kann einige Showerfolge vorweisen. Geübt legt Andi den beiden ein Halfter an und schon sind wir startklar. Er begleitet uns noch bis zum Wald und macht ein paar Fotos von uns. Ein letzter Check, ob wir den knapp vier Kilometer langen Rundweg in der Komoot-App geladen haben und schon sind wir auf uns alleine gestellt.
Den Alpaka-Spaziergang am Alpakahof Bern machst du nämlich nicht wie andernorts geführt, sondern alleine, nur in Begleitung der niedlichen Alpakas. Aber keine Angst, der Weg ist nicht schwer zu finden. Und zumindest Sir Brighton kennt ihn sehr genau. Noch besser kennt Brighton die besten Futterplätze. Das erste Stück des Weges kommen wir kaum vorwärts. Brighton rupft Tannennadeln oder ganze Zweige von den Bäumen und genießt, was die verschneiten Felder so hergeben. Dabei kümmert ihn selbstverständlich nicht, dass meine Finger wegen der Kälte ganz klamm sind. Sir Brighton mit seinem dicken Vlies kennt kein Frieren.
Wir beide brauchen ein bisschen Zeit, bis wir uns finden. Ist die Leine zu kurz, reagiert er bockig. Ist sie zu lang, lebt er seine Neugier und seine Gier nach Futter voll aus. Irgendwann haben wir die perfekte Leinenlänge gefunden und Sir Brighton spaziert ganz entspannt neben mir. Er blickt freundlich in die Welt und gibt die typischen Laute, ähnlich einem Summen, von sich – ein Ausdruck von Freude und Zufriedenheit. Ich vermute, dass Alpakas das Verhalten ihres Gegenübers spiegeln. Ist man selbst unruhig, ungeduldig oder quengelig, sind es die Alpakas auch.
Ähnlich wie bei Pferden macht sich bei unseren Alpakas gegen Ende des Rundweges so etwas wie Stalldrang bemerkbar. Sir Brighton legt an Tempo zu und der kleine Piet muss zusehen, dass er im Pass und Galopp hinterherkommt. Kurz vor dem Hof holen wir sogar die Familie ein, die ihren Alpaka-Spaziergang eine halbe Stunde vor uns gestartet hat. Gemeinsam schlendern wir zurück zum Gatter, nehmen den Alpakas die Halfter ab und entlassen sie wieder in die Obhut der Herde.
Für die Strecke benötigen wir zwischen eineinhalb und zwei Stunden. Bei schönen Wetter hätte man vom Picknickplatz Herrenschwanden Höhe, der etwa auf halben Weg liegt, eine prächtige Aussicht auf die Stadt Bern. Den Alpaka-Spaziergang am Alpakahof Bern gibt es übrigens zum Preis von CHF 50.00 pro Person (2021), inklusive «Zvieri» und Getränken. Dafür darf man sich viel Zeit nehmen mit den Tieren und Gründe, warum man einen Alpaka-Spaziergang unternehmen sollte, gibt es viele.
Gründe, warum du einen Alpaka-Spaziergang unternehmen solltest
Du kannst oder musst dich in Geduld üben
Wenn du dich auf Alpaka-Spaziergang begibst, solltest du viel Zeit mitbringen. Im Gegensatz zu uns Menschen lassen Alpakas sich nämlich kaum durch etwas aus der Ruhe bringen. Und nachdem sie ziemlich neugierig sind, ständig ihren Hals strecken, um nichts zu verpassen, geben sie das Tempo an. Dieses Tempo ist ein sehr entspanntes und geruhsames. Ob du willst oder nicht, hier ist Entschleunigung angesagt.
Nach und nach überträgt sich die Ruhe der Alpakas auch auf dich. Du wirst deinem flauschigen Begleiter minutenlang beim Fressen zusehen. Was ist Zeit? So ein Alpaka-Spaziergang hat etwas Meditatives. Vielleicht kannst du etwas von der Ruhe und Gelassenheit der niedlichen Tiere sogar hinüber in den Alltag retten.
Alpakas bescheren uns Wohlfühlmomente
Während ich mit Sir Brighton in Ortschwaben spazieren gehe, habe ich permanent ein Grinsen im Gesicht. Er und der kleine Piet sind so niedlich. Ihr Aussehen, die Art und Weise, wie sie sich bewegen und vor allem die Geräusche, die sie von sich geben, lösen Glücksgefühle aus. Es hat schon seinen Grund, dass Alpakas als Therapietiere eingesetzt werden. Irgendwie haben sie eine Fähigkeit, positiv auf Menschen einzuwirken. Es gibt nicht wenige Alplakas, die in der Altenpflege, mit Demenzkranken, mit Burnout-Patienten oder Schwerst- oder Suchtkranken arbeiten. Bei einem Alpaka-Spaziergang kommst du den kleinen Therapeuten ganz nahe.
Höher, schneller, weiter? Rekorde zählen bei einem Alpaka-Spaziergang nicht
Ein Alpaka-Spaziergang ist kein Hochleistungssport. Um mit Alpakas spazieren zu gehen, ist weder eine lange Einführung nötig, noch braucht es davor ein umfangreiches Training. Ein bisschen Einfühlungsvermögen und Liebe zu den Tieren reichen. Die Tour am Alpakahof Bern in Ortschwaben dauert keine zwei Stunden. So ähnlich halten es auch andere Anbieter.
Die Strecken sind für Alt und Jung gut zu bewältigen. Somit eignet sich ein Alpaka-Spaziergang gut als Familienausflug, selbst mit kleinen Kindern und für alle, die nicht ganz so sportlich sind. Das Ziel ist einfach, Zeit in der Natur, an der frischen Luft und zusammen mit den sensiblen Tieren zu verbringen. Und wahrscheinlich bist du nach einem gemütlichen Spaziergang mit einem Alpaka an deiner Seite mindestens genauso zufrieden, als wenn du einen Berggipfel erklommen hättest.
Alpakas sind besondere Tiere
Alpakas zählen so wie Lamas zur Gattung der Neuweltkamele. Während Lamas ursprünglich als Last- und Packtiere dienten und seit jeher an Menschen gewöhnt sind, wurden Alpakas wegen ihrer Wolle gezüchtet. Alpakawolle hat tatsächlich ganz besondere Eigenschaften. Die Wolle ist fettfrei und innen hohl. Beides führt zu hervorragendem Trage-Komfort. Kuschelige Mode aus Alpakavlies hält warm und gleicht Temperaturen und Feuchtigkeit aus.
Voraussetzung ist, dass du Mode oder Decken aus heimischer Produktion kaufst. Denn international ist Alpakazucht oft mit Tierleid verbunden und der Transport der Wolle ist nicht gerade umweltfreundlich. Alpakas müssen einmal pro Jahr geschoren werden. In unseren Breiten erfolgt das meist Frühjahr oder Frühsommer. So ist die warme Jahreszeit für die flauschigen Tiere besser zu ertragen. Da sehen die meisten von ihnen dann ziemlich lustig aus.
Alpakas sind relativ klein und handlich. Sie erreichen eine Schulterhöhe von etwa 90 Zentimeter. und werden 60 Kilogramm schwer. Sie sind zierlicher als Lamas. Ansonsten unterscheiden sie sich von den Lamas durch die Form ihrer Ohren. Alpaka-Ohren stehen gerade nach oben, die der Lamas haben eine löffelähnliche Form. Wenn du Lamas und Alpakas nebeneinander siehst, wirst du sie gut unterscheiden können.
Alpakas sind gesellig und fühlen sich umso wohler, je größer die Herde ist. Deshalb dürfen sie bei uns tatsächlich nicht alleine gehalten werden. Übrigens sind Alpakas sehr reinlich. Sie haben immer getrennte Liege-, Wälz- und Kotplätze.
Alpakas sind überaus fotogen
Während eines Alpaka-Spaziergangs wirst du jede Menge Fotos und Videos machen. Ein Selfie mit einem Alpaka gelingt garantiert – sofern du selbst einigermaßen fotogen bist. Die zotteligen und sanften Gesellen «lächeln» nämlich ununterbrochen. Das kommt daher, weil Alpakas nach oben gezogene Mundwinkel haben.
Manche Alpakas haben durchaus stylische Frisuren. Von Locken bis Strähnen ist alles mit dabei. Auch wenn es sehr verführerisch ist, die Wuschelköpfe zu tätscheln, solltest du davon absehen. Alpakas mögen es nicht am Kopf oder an den Beinen angefasst zu werden. Die bis zu zwanzig verschiedenen Fellfarben der Alpakas machen sich auf Bildern sehr gut. Und wenn so ein putziges Alpaka heranwackelt, seine Nase neugierig in die Linse streckt und mit den langen Wimpern klimpert, ist die Aufnahme perfekt.
Weil’s so schön war, werde ich sicher wieder einmal einen Alpaka-Spaziergang unternehmen. Da setze ich dann aber auf wärmeres Wetter. Und Lamatrekkings werden sogar in meiner unmittelbaren Umgebung in Obwalden angeboten. Das wäre einen Versuch wert.
Carola ist eine passionierte Teilzeitnomadin, verbindet Vollzeitberuf mit Reiselust. Sie ist der Kopf hinter Travellingcarola.
Seit 2016 schreibt sie authentische Reiseberichte über einzigartige Erlebnisse, gibt praktische Tipps und will andere inspirieren, die Welt zu entdecken.
Auf so einen Spaziergang mit Alpakas hätte ich schon lange mal Lust. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass man den jetzt in der Corona-Zeit machen kann. Aber vielleicht geht das auch nur in der Schweiz, denn in Deutschland sind ja alle (tages-)Touristischen Angebote geschlossen, oder?
Egal. irgendwann wird Corona so weit vorbei sein, dass es geht. So lange freue ich mich drauf!
Liebe GRüße
Angela
Liebe Angela
Ich kenne die Situation in Deutschland nicht so genau. Bei uns in der Schweiz ist vieles möglich, gerade solche Freiluftaktivitäten. Ja, Corona wird hoffentlich bald soweit vorbei sein, dass vieles wieder möglich wird. Ein Alpaka-Spaziergang ist dann sicher ein lohnenswertes Ziel.
Viele Grüße
Carola
Liebe Carola, das war ein sehr schöner Bericht und sehr einfühlsam. Ich wollte das auch schon lange machen, Gott sei Dank gibt es das bei uns in Solingen auch 🙂 .LG Christiane
Dann nichts wie hin, liebe Christiane. Wir hatten richtig Spaß und es war ein tolles Erlebnis.
Herzliche Grüße
Carola
Ja, Alpakas sind einfach so knuffig! Ich hab letztes Jahr auch zwei Wanderungen mit den Tieren gemacht. Ein bisschen überraschend finde ich, dass man auf dem von dir beschriebenen Hof alleine gehen kann. Das habe ich tatsächlich noch nicht gehört oder erlebt. Ich glaube, wenn ich Alpakas hätte, würde ich die nicht einfach so aus der Hand geben.
Es stimmt übrigens, dass Alpakas super Therapietiere sind. Sie spiegeln den eigenen Stresslevel gut wieder. Es funktioniert eigentlich wie Biofeedback: lernt man selbst, ruhiger zu werden, werden es die Tiere auch 🙂
Lg Barbara
Liebe Barbara
Ja, das Konzept scheint sich dort bewährt zu haben. Biofeedback, das ist gut! Ich brauchte wohl ein wenig Zeit, um ruhiger zu werden.
Viele Grüße
Carola
Liebe Carola, schöner Artikel! Wir waren selbst im vergangenen Sommer mit Alpakas wandern. Entweder waren wir an dem Tag selbst zu bockig (?) oder die Tiere waren lustlos – ganz so entspannt lief die Tour bei uns anfangs nicht ab (viele schräge Momente). Erst als wir im Wald waren, wurde es wirklich entspannt. Schauen uns die Fotos jetzt noch gerne an: Was für eine Mimik! Liebe Grüße aus Berlin, Gabi und Michael
Hallo Gabi, hallo Michael
Gerade habe ich gelernt, dass Alpakas den eigenen Stresslevel widerspiegeln. Vermutlich wart ihr tatsächlich anfangs nicht entspannt genug.
Grüße und ein Alpaka-Lächeln
Carola
So eine Alpakawanderung wäre gewiss auch fürs uns eine tolles Erlebnis.
Dein Beitrag hat uns jedenfalls richtig viel Lust auf eine Tour mit den flauschigen Weggefährten gemacht, sodass wir die Sache bestimmt bald angehen werden 🙂
Grüße von den Passport Pirates
Kathi & Tobi
Macht das, liebe Kathi und lieber Tobi. Ihr werdet es bestimmt nicht bereuen. Für mich war das eine perfekte Abwechslung zum Corone-Homeoffice-Alltag.
Herzlich
Carola
Hach, einfach süß und wieder wunderschön durchzulesen und anzuschauen. Ich hab so etwas letzten September im Ruhrgebiet gemacht und kann das alles genau so unterschreiben, was Du berichtest. Die Geräusche, dieses permanente herzliche grinsen im Gesicht der Tiere, wie sie sich fortbewegen … das macht etwas mit einem. Mehr Entschleunigung geht kaum und ich bin mir sicher, dass ich das nicht zum letzten Mal gemacht habe. Sir Brighton als Name find ich übrigens mal klasse. Bei mir hieß er Hurricane … so gar nicht passend eigentlich, aber genau das war vermutlich der Grund *g*
Danke, Andreas. Ja, es macht etwas mit einem und es ruft nach Wiederholung. Sir Brighton heißt übrigens so, weil er während des Sprachaufenthalts der Besitzerin in der südenglischen Stadt auf die Welt kam. Aber ein Alpaka Hurricane zu nennen, ist auch nicht schlecht.
Liebe Grüße
Carola